Meißnerlager, Freideutsche Jugend, Meißnerformel (Wie lautet die nochmal genau?), Wandervögel, Pfadfinder, alles irgendwie bekannte Begriffe. Bei einer kurzen Auffrischung meiner Geschichtskenntnisse stoße ich auf einen Meißnerformel-Generator von der Zeitschrift »Eisbrecher«. Der erzeugt mir meine Formel: »Die Freideutsche Jugend will frei nach Schnauze, als letzte ihrer Art, in innerer Gleichgültigkeit ihre Wanderrouten gestalten. Für diese Fahrt ins Blaue tritt sie – wenn‘s unbedingt sein muss – geschlossen ein. Zur gegenseitigen Verwirrung werden niemals endende Geländespiele abgehalten. Alle gemeinsamen Veranstaltungen der Freideutschen Jugend sind packend und hitzefrei.« Passt, hört sich gut an. Los geht’s! Die gemeinsame Veranstaltung der Freideutschen Jugend soll wirklich ein blaues Wunder werden. Ein Lager im Stamm kennt jeder. Man weiß, wie Zelte aufgebaut werden und jeder, der schon mal auf eine Bundesaktion mitgefahren ist, weiß auch, dass jeder Ring und jeder Stamm seine eigene Kultur pflegt. Auch eine überbündische Singerunde, wie beim Hamburger Singewettstreit, habe ich erlebt. Man vermenge das alles miteinander, baue ein DPV-Lager drum herum und so in etwa soll das Meißnerlager aussehen: 3500 Teilnehmer, über 60 Bünde, immens viele Menschen aus der bündischen Jugend und der Pfadfinderbewegung. Als ich ankomme, ist es schon dunkel. Der Bund steht fast geschlossen im Westforum. Da will ich hin. Als ich nach kurzem Rumfragen ankomme, habe ich den ersten Eindruck: »Oh no! Hier ist ja gar nichts organisiert!« – doch weit gefehlt. Ich schlafe in einem Zelt mit einer komischen blau-weißen Fahne drauf. Am nächsten Morgen lerne ich schnell: Deine Kohte ist morgens nicht mehr da, wo sie abends war. Und zwischen Einbruch der Dunkelheit und Bettzeit spielt der Lagerplatz noch einmal Verrücktes Labyrinth. Da, wo vorher keine Zelte standen, stehen wie aus dem Nichts welche und andere verschwinden urplötzlich.
Da, wo vorher keine Zelte standen, stehen wie aus dem Nichts welche und andere verschwinden urplötzlich.
Cool ist, dass es nur Schwarzzelte auf dem Platz gibt und keine Plastikgebilde. Außerdem gibt es viele junge Menschen und durchaus auch noch einige alte Säcke, die vor Erfahrung strotzen. Aus gut unterrichteten Quellen habe ich gehört, dass wir so ziemlich die Entspanntesten waren, andere hatten weit vor uns das Frühstück.
Dann geht jeder seines Weges.
Es werden auf dem gesamten Platz und darum herum unzählige Dinge angeboten, die man machen kann: Schmuck schmieden, Bäume pflanzen, einen imaginären Segeltörn, Geländespiele, Diskussionen und vieles, vieles mehr. Ich selbst besuche unter anderem eine nette Austauschrunde zum Themen »Trampen« und eine Diskussion zum Thema »Nordirischer Konflikt im Spiegel der Lieder«. Nebenbei schaue ich mir noch ein spontanes Bullenstemmen um den Bannermast an. Das Programm läuft so drei Tage, am Freitag allerdings nur vormittags, denn am Nachmittag ist der Festakt. Nach und nach entpuppt sich das Lager immer wieder zu einem gut geplanten Mosaik, jeder steuert etwas dazu bei. Die Fäden laufen in der Infojurte zusammen, die mit ihrer morgendlichen Lagebesprechung eher an ein Katastrophenzentrum erinnert. So ist auch der Festakt ein geplantes Chaos: Viele Menschen drängen sich in einen kleinen Kreis (»Es sollen alle drin stehen!«) und hören Menschen zu, die versuchen sich per Mikrophon verständlich zu machen, nur irgendwie hat man die Boxen vergessen. Also müssen alle wesentlich ruhiger werden. Läuft! Die Redner erinnern uns daran, uns nicht allzu ernst zu nehmen und auch sonst die Jugendbewegung zu genießen. Danke für diesen Tipp! Der Festakt endet dann damit, dass wir alle zusammen ein Feuer anzünden und singen. Danach geht es, weil wärmer, in eine der fünf bis sechs Jurtenburgen, um dort, wie auch die Abende zuvor, uns und die Jugendbewegung der vergangenen Jahre (gerade die letzten 100 Jahren) zu (be)feiern. Somit endet ein großartiges Lager damit, womit es angekündigt war: Als Feier zu 100 Jahren Freideutsche Jugendtage. Was bleibt übrig? Viele neue Eindrücke, unglaublich interessante Menschen, ein beeindruckendes Lager und für jeden Teilnehmer ein ganz persönlicher, weil selbstgestalteter, intensiver Austausch mit allem und jedem. Ach was – unbeschreiblich!
Mitreden!