Pack die Sachen zu schaffen die lange Tour
die uns führt an die Mosel auf des Römers
Spur die damals schon wussten, ja Frankreich ist groß
also kommt lasst uns eilen, wir fahren los …
Da blüht schon der Wein und die Mädchen sind schön
Jungs das sollten wir uns genauer ansehn
Doch der Weg ins Burgund ist noch lang …
Wir stehen vor unserem Heim in Brühl, allen ist die Vorfreude auf die nun bevorstehende Sommerfahrt anzusehen; viele hasten hin und her, suchen noch die letzten Sachen aus dem Keller zusammen und verstauen alles in den noch freien Nischen im Rucksack! Der Bus kommt und es folgt die übliche Verabschiedungszeremonie von den Eltern.
Erst jetzt wird mir so richtig bewusst, was wir nun vor uns haben. Ich, mein Co-Gruppenführer Timo und unsere Sippe, wir sitzen nicht im Bus, wir fahren mit unseren vollbepackten Fahrrädern hinter dem Bus her aus Brühl raus. Zwei Wochen haben wir nun Zeit bis ins Burgund auf das Bundeslager nach Island zu fahren. Alles aus eigener Kraft, ohne Bus, Bahn oder Auto! Schon vor einigen Jahren kamen wir auf die Idee, einen Fahrradhajk zu machen. So nutzten wir natürlich die seltene Gelegenheit auf ein Bundeslager zu fahren. Als wir die Ausrüstung beisammen hatten und uns die Route ausgeguckt hatten, war auch schon Sommer!
Und nun sitzen wir schon im Sattel und fahren Richtung Rhein. Flussaufwärts fahren wir durch uns aus dem Alltag bekannten Gegenden nach Bonn. Es kommt einem komisch vor schon auf einer Sommerfahrt zu sein und doch noch so nah zuhause. Bislang stellte sich bei mir noch kein richtiges Fahrtengefühl ein.
Dies änderte sich hinter Bonn. Hier war man nicht mehr so oft, kennt die Orte nur vom Hören und nähert sich gegen Abend langsam Koblenz. Dann passiert das, vielleicht durch zu häufiges Warnen, Heraufbeschworene; wir müssen wegen eines Industriegebiets den Rhein kurz verlassen. Es kommen Bahnschienen. Ich fahre vor. Höre es hinter mir knallen und schreien. Jonathan, einer meiner Jungs verfängt sich mit dem Vorderrad in der Bahnschiene und stürzt! Er steht direkt wieder auf, geht ein paar Meter und steigt wieder auf. Timo und ich waren stinksauer, hatten wir doch so oft davor gewarnt. Unsere Wut wandelte sich allerdings nach einigen Kilometern bei Anblick von Jonis Knie in Sorge! Dieses wurde immer dicker und dicker – Pause. Fußgänger, die des Weges kamen, boten uns an, Joni und mich ins Krankenhaus zu fahren.
Entgegen Jonathans Prognose (Is‘ morgen bestimmt wieder gut ) empfahl der Arzt die Knorpelabsplitterung mit Blutung im Knie doch lieber behandeln zu lassen und die Tour an dieser Stelle abzubrechen! Und so kam es, dass wir an diesem Abend nur noch zu fünft einschliefen! Nach unruhiger Nacht brachen wir früh auf und erreichten bald Koblenz. Mir schossen immer wieder die selben Gedanken durch den Kopf: War es die richtige Entscheidung mit dem Fahrrad zu fahren? Ist das nicht zu gefährlich? Was ist wenn jetzt jeden Tag einer stürzt?
Das Wetter war fast zu warm zum Rad fahren. Nach dem Frühstück vor Kaiser Wilhelm in Koblenz trennten wir uns vom Rhein und folgten ab jetzt der Mosel.
Wir sind unterwegs eine muntere Schar
auf dem Wege nach Süden, sind lang noch nicht da
der Weg wird nicht leichter, die Steine nicht seichter
doch das nächste Dorf ist nah
da gibt´s endlich Wasser, was wir missen schon so lang
und ein schattiges Plätzchen, die Füße sind lahm
doch der Weg ins Burgund ist noch lang…
Wir kamen trotz Hitze gut vorwärts. Wir fuhren immer eine Stunde, in der wir circa 20 Kilometer schafften, machten eine kurze Pause und fuhren dann noch mal eine Stunde, bevor wir uns vor der extremen Mittagshitze in den Schatten zurück- ziehen mussten. Unsere Siesta war immer sehr lang und so hatten wir genug Zeit in der Mosel schwimmen zu gehen, uns zu sonnen und ab und an mal ein Liedchen zu singen.
Gegen fünf brachen wir meistens wieder auf und fuhren noch mal gut zwei Stunden und suchten dann nach einem Schlafplatz. Nichts ist leichter als einen Schlafplatz zu finden, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist. Man kann auch mal einige Kilometer von der eigentlichen Route abkommen, ohne dass jemand anfängt zu mosern, man kann noch ein Stück weiterfahren, wenn’s einem hier oder da nicht so gut gefällt. Man kann einfach zwanglos da bleiben, wo man will! Diese Freiheit nutzten wir gern und oft aus, suchten uns einen wunderschönen Lagerplatz direkt an der Mosel oder auch mal inmitten eines Weinbergs! Wenn uns nach Ausschlafen war, mussten wir, wegen der schon morgens brüllenden Hitze in ein Pfarrheim oder in die kühlen Gemäuer alter Kirchenbauten. So zog sich unser Weg an der Mosel entlang, den kleinen Abstecher über einen Weinberg, der uns als Abkürzung erschien, bereuten wir im Nachhinein, da wir die Schwierigkeit der Steigung unterschätzt hatten.
Nach wenigen Tagen erreichten wir schon Trier und stellten zu unserer Freude fest, dass nun auf den Fahrradschildern schon die französische Grenze ausgeschildert war. Als wir kurz hinter Trier die Flussseite wechselten, fuhren wir plötzlich über die deutsch-luxemburgische Grenze. Wir konnten es kaum fassen. Wir sind schon im Ausland, mit dem Fahrrad, aus eigener Kraft! Ein wunderbares Gefühl. Schon einige Stunden später passierten wir die französische Grenze, hinter der wir uns einen Schlafplatz suchten. Wir waren erschöpft. Drei Länder an einem Tag – dies ließ uns schnell und tief schlafen…
Wir erreichten Metz genau zur Mittagszeit, suchten uns ein Plätzchen an der Mosel und erkundeten die Stadt. Hier besorgten wir uns auch die nötigen Karten, da wir ab hier die Mars ein kleines Stück entlang fahren wollten, dann aber die wegweisenden Flüsse verlassen und uns mit den Karten durchs Burgund kämpfen mussten.
In Nancy stießen wir auf die Mars und damit auf den hässlichsten Abschnitt unserer Tour; der Wegesrand an der Mars war gesäumt von Wohnblocks und Industrieanlagen, die wir selbst mit dem Fahrrad mühevoll hinter uns lassen konnten.
Doch danach wartete eine schöne Belohnung auf uns: das Schild mit der Aufschrift Bourgogne. Wir hatten es geschafft, nach 8 Tagen und 728,87 km waren wir im Burgund! Die Freude war riesig, vielleicht auch weil uns nicht bewusst war, dass noch drei Tage folgen sollten, die so anstrengend werden sollten wie die acht vorherigen zusammen.
Die Landschaft, die Menschen und der Wein hielten, was sie uns versprachen, als wir den Hajk planten. Wunderschön, sich bis zum Horizont erstreckende Weizenfelder, am Weges- rand emporschießende Weinreben, romantische Dörfer und unsäglich leckeres Essen. Und dieser Traubensaft … lecker! Doch genau all das wurde uns zum Laster. So schön diese Landschaft auch war, bei 30 C° im Schatten wurde sie zur Qual. Wir standen morgens noch früher auf und mussten noch länger Siesta machen. Doch wir wurden wieder belohnt, denn bald waren wir in Avallon.
Wir waren zu früh, doch das war uns jetzt egal, wir wollten auf den Bundeslagerplatz fahren, bevor wir in vier Tagen zu unserem Stammesstandlager mussten. Und so quälten wir uns die letzten Hügel vor Island herauf und ersehnten den Moment, auf den wir uns seit Wochen freuten. Mit dem Fahrrad auf den Bundeslagerplatz zu fahren, mitten in Frankreich, im wunderschönen Burgund, mit der Gewissheit, die ganze Strecke von Brühl bis nach Island aus eigener Kraft gefahren zu sein!
Nun sind wir am Ziel und genießen das Glück
Freun uns mit euch wollen nicht mehr zurück
Vergessen die Schmerzen in Bein und im Knie
Doch verlorene Freunde vergessen wir nie
Unser Weg ist das Ziel und so wollen wir fort
weiter, an einen anderen Ort doch der Weg
bis dorthin wird sehr lang …
Aufsatteln und einfach losfahren – die Ferne ruft dich!
Mitreden!