In Ihren Köpfen sind die Roten Corsaren seit Ihrer Gründung schon immer eng mit der Seefahrt verbunden.
Erstmals betraten wir 1999 in Stralsund das Deck der Falado, eine Herbstfahrt westlich entlang der Ostseeküste erwartete uns. Es war Liebe auf den ersten Blick. Danach sollten noch viele Corsaren die Gelegenheit haben, die Planken zu betreten und auch die Fische zu füttern. Die Liebe ging so weit, dass einige ihre Segelscheine machten, am Bootsmannausbildungstörn teilnahmen und manche sogar den Atlantik mit der Falado überquerten.
Wir hatten das Glück in den letzten Jahren oft auf der Falado segeln zu dürfen. Auch auf der Werft und dem Faladofest hat unser Stamm immer gearbeitet. Insbesondere in diesem Jahr.
Im Sog des Fahrwassers vom Meißner-Lager und mit mehr als einer Träne im Knopfloch sitze ich hier auf dem Trockenen bei Seemannsmusik und Grog und überlege wie ich Euch ein Schiff näherbringen soll, das nur noch in unseren Träumen über’s Meer segelt – leider.
Drei Wochen waren neun Corsaren unserer Roverrunde Bukaniere auf Großfahrt in der Karibik, während der sie zwei Wochen von Grenada über Venezuela nach Curaçao mit der Falado segelten. Alwin und Reni sind von Mai bis Juli von New York über Halifax, Neufundland und Grönland, nach Island gesegelt. Zu guter Letzt war je die Hälfte der »Rote Corsaren Großfahrtengruppe« eine von vier Wochen während der Island-Großfahrt auf der Falado in den Westfjorden unterwegs.
Im Sog des Fahrwassers vom Meißner-Lager und mit mehr als einer Träne im Knopfloch sitze ich hier auf dem Trockenen bei Seemannsmusik und Grog und überlege wie ich Euch ein Schiff näherbringen soll, das nur noch in unseren Träumen über’s Meer segelt – leider.
Der letzte Törn
Kiloweise Riesendorsche im Bredefjord fangen, davon haben wir 20 Monate lang gesungen und geträumt.
Als es nach viel Organisation, dutzenden Geldsammelaktionen, Segelkram, Seemannsknoten und Seemannsgarn auswendig lernen endlich soweit war, waren wir überglücklich. Nach mehr als 24 Stunden Anreise sahen wir sie endlich abends im Hafenbecken von Stykkishólmur liegen, rot leuchtend, gegenüber an der Kaimauer fest vertäut: Die Falado.
Wie immer nahmen wir das Schiff direkt in Beschlag. Die letzten Crewmitglieder aus New York waren noch an Bord und sind in den letzten Wochen fleißig gewesen. Frisch kalfatert und gestrichen über nahmen wir also das Schiff.
Nur vom Wind getrieben, vom Nebel umgeben und von Delphinen und kleinen Walen umspielt, liefen wir in den Bredef jord aus. Der Beginn unserer vier wöchigen Großfahrt. 10 Rote Corsaren (Annika, Franzi, Giovanni, Housten, J-Lu, Jule, Loreley, Nils, Schlumpf und ich) legten gemeinsam in Stykkishólmur ab.
Wir hatten das Vergnügen durch die wunderschönen, teils schneebedeckten, Westfjorde segeln zu können. Am Nordkap war es fast immer 24 Stunden lang hell, trotzdem hatten wir traumhafte Sonnenuntergänge und gleichzeitige Mondaufgänge. Heiße Quellen, Wasserfälle und über 600 Meter hohe, Jahrtausende alte Felsen vulkanischen Ursprungs säumten unseren Weg.
Freundliche Isländer halfen uns in jedem Hafen, hießen uns willkommen und luden uns großzügig in ihre Schwimmbäder und Museen ein. Jeder Einwohner kam mindestens einmal mit seinem Geländewagen vorbei gefahren und machte ein Foto von diesem merkwürdigen Schiff, dessen Typ seit 100 Jahren nicht mehr in den Westfjorden gesehen wurde.
Sie zeigten uns, wo die Sandbänke und die besten Angelgründe sind. Zur Freude unseres Magens, der jeden Abend mit reichlich Dorsch und Seelachs – mit Kartoffeln, auf Pizza, als Frikadelle oder im Filet gefüllt wurde.
Knapp anderthalb Wochen später war ich mit Jan in Reykhóla; wir waren vorgetrampt, da er seinen Fuß verstaucht hatte. Ich machte mein Handy an, denn wir wollten uns an diesem Tag wieder mit der Fahrtengruppe am örtlichen Lebensmittelgeschäfttreffen. Da erreichte mich eine SMS von Loftur Mar Sigurdsson, einem Freund aus Reykjavík: Die Falado war nachts in einen schweren Sturm geraten, aus ungeklärter Ursache leckgeschlagen und gesunken. Zum Glück für alle kam dabei niemand zu Schaden. Versuche, das Schiff noch an Land zu schleppen, schlugen fehl und die Falado musste ihrem Schicksal überlassen werden.
12 Tage vorher waren wir noch an Bord.
Das war natürlich ein Schock für uns, 12 Tage vorher waren wir noch an Bord. So traurig waren wir selten im Leben.
Aber nun liegt die Falado als wunderschönes Zuhause isländischer Fische auf dem Grund des Atlantiks. Auf dem mittelatlantischen Rücken an der Grenze zwischen nordamerikanischer und eurasischer Platte, ca. 10 Seemeilen westlich der isländischen Halbinsel Reykjanesskagi.
Leider kann bis heute nicht genau festgestellt werden, warum die Falado leckgeschlagen ist. Dieses letzte Geheimnis hat sie wohl mit in 80-100 Meter Tiefe auf den Grunde der See genommen. Was bleibt, sind die Fotos, Erinnerungen und Emotionen, die uns auf ewig mit diesem Schiff verbinden werden. Ein Schiff, das für viele mehr war, als ein fahrbarer Untersatz, der sie von Ort zu Ort trug.
Mitreden!