Merle: Im haddak 02/2015 kann man bereits nachlesen, wie es dazu gekommen ist, dass sich der Stamm Monte Verità gegründet hat. Um das noch einmal kurz zusammenzufassen: Du, Basti, warst schon mal Pfadfinder im DPB, bist aber mit 20 ausgetreten. Dir fehlte die Pfadfinderei und du ludest ein paar Jahre später Freunde ein mit dir auf Fahrt zu gehen. Es entwickelte sich die Idee, einen Stamm zu gründen mithilfe des DPBM. Was hat sich seitdem in eurem Stamm getan?
basti: Na ja, irgendwie alles. Die Gründung war noch irgendwie das Einfachste, sich hinzusetzen und einen Namen zu finden und zu überlegen. Wir mussten ein Heim finden, das hat ungefähr ein Jahr gedauert. Danach haben wir unsere erste Kindergruppe aufgemacht, was wir mit unserer Gründungsfeier verbunden haben. Die dazugekommenen Älteren, auch ohne großen Pfadfindereibezug, mussten überzeugt werden, eine Gruppe aufzumachen.
Es war auf jeden Fall viel Überzeugungsarbeit, die geleistet werden musste. Dann mussten wir noch eine Satzung entwickeln, eine Stammesführung bilden, die aus mehr als einer Person besteht und mehr Gruppen aufbauen. Auch um uns vor »Schicksalsschlägen « oder auch Stimmungen von Älteren zu schützen, die ihre Gruppe wieder zumachen könnten. Es war mir immer am wichtigsten, dass wir nicht nur ein oder zwei Gruppen haben, sondern ein breites Fundament schaffen.
Ich weiß noch am Anfang war noch die große Forderung von mehreren eine reine Rovergruppe zu bleiben, bis sich dann die entsprechenden Leute durchgesetzt haben auch Jugendarbeit zu betreiben.
Merle: Wie groß seid ihr denn aktuell, gemessen in Gruppen und Anmeldungen?
basti: Angemeldet sind im Moment um die 45 Montis, aber wir haben Leute, die gerade neu dazugekommen sind und sich noch alles angucken. Da sind wir aber guter Dinge, dass die mitmachen möchten. Also die 50 sollten wir mit dem nächsten Schwall Anmeldungen geknackt haben. Und hoffentlich auch die 55 als nächstes. Und an Gruppen haben wir vier Meuten und drei Sippen. Wir setzen aber auf kleine Gruppen, also sind idealerweise 6 bis 8 in einer Gruppe. Aber das sind ja nur Zahlen.
Merle: Was würdest du sagen waren die größten Rückschläge in den letzten Jahren?
basti: Das ist eine harte Frage, aber wenn ich ehrlich bin: Ich glaube das war ganz am Anfang, vor drei oder vier Jahren. Boah, ich höre mich an wie ein Großvater, wenn ich so rede. Da sind zwei aus unserem Stammesrat ausgetreten, sodass wir nur noch zu viert da waren und alles wuppen mussten. Das war auf jeden Fall einer der schwierigsten Punkte. Da haben wir uns dann aber rausgekämpft und richtig Gas gegeben und uns dann zu der jetzigen Form entwickelt.

Merle: Was würdest du dann zu den größten Meilensteinen zählen?
basti: Also erstmal unsere Stammesgründung, dann, dass wir das Ponttor bekommen haben, und auch den Punkt, die eben genannten Austritte zu überwinden. Jede einzelne Gruppe ist ein Meilenstein, auch weil wir nicht so viele sind und es einfach etwas ganz Besonderes für uns ist. Ich glaube auch jede Aktion, die wir zu einer Tradition umwandeln, wie unsere Stammesmeisterschaften oder unsere Versprechensfeiern. Dann auch der Punkt, als wir mehr Kinder als Erwachsene im Stamm hatten. Aber auch als wir Mitglied im Stadtjugendring wurden, das war uns wichtig. Zudem auch, dass wir eine größere Stammesführung haben.
Ein ganz wichtiger Meilenstein für mich persönlich ist aber auch, dass ich in einem Jahr den Stammesführungsposten abgebe. Ich glaube, wenn der Stamm ohne mich da vorne als alten Hasen läuft, dann ist das der wichtigste Meilenstein.
Merle: Wie hast du es denn geschafft die Leute, ohne Pfadfinderhintergrund dazuzuholen?
basti: Das sind eigentlich fast alles gute Freunde von mir gewesen und ich neige dazu, gerne Geschichten zu erzählen. Wie Gandalf einmal gesagt hat:
Jede gute Geschichte hat es verdient, ausgeschmückt zu werden.
Und deswegen gab es, glaube ich, schon immer so ein bisschen eine Sogwirkung, sodass viele die Pfadfinderei interessant fanden. Woraufhin ich sie dann immer eingeladen habe, vorbeizukommen und sich das ganz unverbindlich anzugucken. Im Hinterkopf habe ich dann aber meistens schon die nächsten Schritte eingeleitet. Es ist auch immer ganz witzig in der Uni, wenn ich höre, dass jemand aus Aachen kommt, dann texte ich die Person immer sofort zu und checke erstmal ab, ob das nicht passen könnte. Das lief ganz viel über persönlichen Bezug, es haben sich auch einige über unsere Homepage gemeldet, aber so wählt man schon mal Leute aus, mit denen man wahrscheinlich gut klarkommt.
Merle: Habt ihr euch Ziele für die nächsten 5 Jahre gesetzt?
basti: Das größte Ziel ist jetzt in einem Jahr die Stammesführung abzugeben und den Stamm auf eigne Füße zu stellen. Das ist ein großer Punkt. Zumindest für mich, so in meiner Gedankenwelt habe ich natürlich auch ein bisschen Angst. Dann jetzt das Jubiläum, das natürlich ein grandioses werden soll. Außerdem teilen wir uns unser Heim noch mit dem DPB und der dj1.11, die sind aber nicht mehr so stark und wir würden hier gerne mehr Verantwortung übernehmen und wachsen.
Es muss die nächste Generation daran herangeführt werden, Gruppen aufzumachen. Zwei Mädels aus meiner Sippe, sowie florian und e.t., haben ihre eigenen Gruppen aufgemacht, genauso soll es dann weiterlaufen.
Und wir möchten gerne unser Roverkonzept im Bund etablieren. Wir treffen uns einmal im Monat zur Roverrunde, dann machen wir ganz normalen Heimabend. Aber dazu wird es noch einen Roverkreis geben. Dazu werden aus verschiedenen Runden Leute eingeladen. Es gibt jedes Mal einen Roverkreissprecher, der dann ein abstraktes/ philosophisches Thema vorbereitet, das auch mit Pfadfinderei zu tun hat. Anhand dieser Themen wollen wir uns weiterbilden und die persönliche Reife noch weiter vorantreiben.

Ich habe gemerkt, dass sich auch Leute jenseits der 14, 20 aber auch 25 gerne intellektuell betätigen möchten. In der Bundesordnung steht, dass die Roverstufe die Projektmethode hat und sich mit den Werten der Bundesurkunde auseinandersetzen soll. Ich glaube, dass das Pfadfindersein dazu führen sollte, ein Vorbild für die Gesellschaft zu sein. Also ein Mensch, der andere Menschen dazu anregt, gut zu sein. Und daraus ergibt sich, dass der Pfadfinder ein guter Mensch sein sollte. Um ein guter Mensch zu sein, sollte man sich ständig mit sich und seinen Werten auseinandersetzen. Deshalb gibt es für mich keinen fertigen Pfadfinder oder Rover, es muss immer weitergehen. Unser Roverkonzept legen wir auch der Bundesführung vor, mal gucken, ob das jemand übernehmen möchte.
Merle: Möchtest du dem Bund sonst noch etwas mit auf den Weg geben?
basti: Ja, krass, dass es schon fünf Jahre sind. Immer noch cool, dass wir dabei sein können! Ich erinnere mich noch an die Aussage: „Krass, dass ihr in der heutigen Zeit noch einen Pfadfinderstamm gründet.“ Das kam auch aus dem Bund. Ich glaube, das hat man vor 30 Jahren schon gesagt und das wird man in 30 Jahren noch sagen. Ich kann nur jede Person ermutigen, die Lust hat sowas zu machen, es auch zu tun. Denn als superalter Sack dazusitzen und zu sehen, dass der eigene Stamm ganz alleine funktioniert und daraus etwas Dauerhaftes geworden ist, das ist ein unbezahlbares Gefühl.
Das Interview führte:
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