„Fire! Fire!“ Panik in unseren Augen. Unser erster Gedanke: Die Kohte brennt. Wir rennen raus, doch zu unserer Verwunderung gucken die irischen Pfadfinder alle in die entgegengesetzte Richtung. Glück gehabt, doch nur ein Meteoritenschauer. Warte was? Meteoritenschauer?
Tja, Irland hielt so manche Überraschung für uns bereit und so sahen wir gemeinsam den ersten Meteoritenschauer unseres Lebens!
Aber fangen wir mal von vorne an. Eine Großfahrt im Jahr reicht uns nicht und unsere irischen Freunde sehnten sich schon schrecklich nach uns, weshalb wir mit acht Pfadfindern vom Stamm Mittelerde im Herbst 2019 für zwei Wochen nach Irland aufbrachen. Die Pfadfinder in Galway – gelegen an der Westküste Irlands – kennen wir schon seit 2017. Seitdem waren die Iren einige Male bei uns in Deutschland zu Besuch und haben
zum Beispiel das Schall & Rauch mit uns erlebt. Die Herbstfahrt war unsere zweite Fahrt zu unserem Partnerstamm, der Renmore Scout Group.
Nach 18 Stunden Fährfahrt über das weite Meer hatten wir endlich wieder festen Boden unter den Füßen und konnten die Reise auf den Straßen Irlands fortsetzen. Linksfahren ist eine Angelegenheit für sich, doch zu unserem Glück reagierten die Iren mit Blick auf das deutsche Kennzeichen recht gelassen, wenn wir mal wieder beim Abbiegen auf die falsche Spur gerieten.
Die Iren sind ein sehr gastfreundliches Volk. Überall wurden wir freundlich begrüßt, was zu vielen interessanten und netten Gesprächen führte.
Manchmal wurden wir durch sie aber auch etwas in die Irre geführt, weil sie von unüberwindbaren Bergen sprachen, die wir auf der höchsten Höhe
angekommen vergeblich suchten.
Unsere Tour führte uns über Cork und Tralee, wo wir im Den einer Pfadfindergruppe schlafen konnten. Ein Den ist ein Pfadfinderheim. Die meisten sind Turnhallen mit Küche und manchmal sogar Schlafräumen. Viele dieser Heime werden staatlich gefördert und sie werden wie fast alle Gebäude in Irland per Alarmanlage gesichert. Das stellte bei unserer ersten Reise tatsächlich ein Problem dar, da einer beim Versuch, das Licht auszumachen, den größten roten Knopf drückte, den er finden konnte. Nachts um halb eins die Alarmanlage auszulösen freute die Nachbarschaft ganz besonders.
Gemeinsam mit unserem Partnerstamm verbrachten wir ein Wochenende bei einem Outdoorcenter in Connemara. Fürsorglich wie sie sind, haben sie
für uns auch Zelte eingepackt. Die Plastikzelte sind dem windigen und nasskalten Wetter Irlands besser gewachsen als unsere Kohten. Allerdings kann man in Plastikzelten kein Feuer machen, weswegen wir dann doch unserer Kohte treu blieben.
Die irischen Pfadfinder hatten beim Outdoorcenter zwei Aktivitäten gebucht. In gemischten Gruppen brachen wir am Samstag zu einem Parcours mit verschiedensten Hindernissen und zum Wandern im Neoprenanzug in einem Bergbach auf. Um zum Hindernisparcours zu gelangen, fuhren wir mit zwei Booten zu einer kleinen Insel. Fünf irische Pfadfinder schwammen danach durchs eiskalte Wasser zurück. Irre diese Iren.
Auch das Wandern barg in Irland für uns ganz neue Herausforderungen. So sind die meisten Gebiete nicht für Wanderer erschlossen, wie das in Deutschland der Fall ist. Es gibt keine Wanderwege und in den Bergen kann jederzeit der Nebel aufziehen. Die meisten der Twelve Bens in Connemara,
das im nördlichen Teil der Galway Bucht liegt, haben ein weites Plateau. Dies sieht im dichten Nebel an allen Stellen gleich aus. Die irischen Pfadfinder legen daher viel Wert darauf, dass die Scouts sich stets mit Karte und Kompass orientieren können und wissen, wie man eine Route plant. Dabei müssen die Steigung und die Pausen streng berücksichtigt werden. Zum Glück hatten wir gutes Wetter und eine hervorragende Sicht, sodass die auserkorenen Scouts kein Problem hatten, ihre jeweilige Wandergruppe zusammenzuhalten und durch das Grün zu führen.
Zwischen den Schafen, die überall die Insel bevölkern, bahnten wir uns den Weg. Wir haben sogar ein noch vollständiges Schafsskelett gefunden. Einer der irischen Pfadfinder ergriff kurzerhand die Hörner des toten Tiers und trennte den Kopf mit einem Knacken, das uns durch Mark und Bein ging, vom Rest und packte ihn ein. Für die Iren war das scheinbar ein normaler Anblick und auch seine Mutter verzog keine Miene als sie ihren Sohn samt
Tierkopf später abholte.
Bei den irischen Pfadfindern haben vorwiegend Erwachsene die Organisation in der Hand, da bei allen Lagern auch immer Ältere dabei sein müssen. Die eigentlichen Leader müssen zwar auch über 18 sein, aber meistens führen sie nur das aus, was die Erwachsenen planen. Manchmal hatten wir das Gefühl, dass diese Struktur dazu führt, dass die Scouts nicht sonderlich motiviert sind. Das Handy spielt für die meisten eine große Rolle und ist für sie auch bei den Pfadfindern nicht wegzudenken.
Auch, dass Scouts in der Küche Zwischenmahlzeiten einnehmen, was zur Folge hat, dass bei den tatsächlichen Mahlzeiten Nahrungsmittel fehlen,
ist nicht ungewöhnlich. Es gab also einiges, an das wir uns erst gewöhnen mussten. Aber wir waren mit unseren Vorstellungen von einer Singerunde
und von Essenskreisen für die irischen Pfadfinder auch ungewohnt.
Eine weitere Pfadfindergruppe, an die uns unser Partnerstamm vermittelt hatte, durften wir auch noch kennenlernen. Ihre Tradition ist es, ihr Lagerfeuer überdauern zu lassen. Wir runzelten die Stirn und fragten uns, wer auf das Feuer aufpasst und wie sie wohl damit auf Fahrt gehen. Der Trick ist einfach. Wenn das Feuer ausgegangen ist, sammeln sie etwas von der Asche in einem Glas. Diese Asche wird dann in das nächste Lagerfeuer gestreut, sodass jedes neue Feuer auch das alte Feuer ist.
In Connemara bestiegen wir noch den Diamond Hill, der als einziger für Touristen angelegte Wanderwege hat. Im Herbst ist dort aber kaum jemand unterwegs. Das lag vermutlich auch an der Hurricane-Warnung ein paar Tage zuvor. Aber zum Glück ist keiner unserer leichtgewichtigen Pfadfinder abgehoben und wir konnten die Aussicht genießen. Der Blick auf den Atlantik und auf der anderen Seite in die Berge war fantastisch.
Bei unserer ersten Reise hatten uns die irischen Pfadfinder auch die sagenhaft schöne Landschaft gezeigt. Natürlich suchten wir diese Orte wieder auf und auch der ungläubige Satz eines Sipplings „Die Cliffs of Moher sind im Leben nicht 214m hoch“, war vergessen, als wir hoch oben über dem Atlantik standen. Der Wind pfiff uns um die Ohren, sodass die kleinen Bäche, die sonst hinab ins Meer stürzen, wieder hinauf geweht wurden. So sprühte das Wasser wie ein Meteoritenschauer im Regenbogen.
Mitreden!