So oder so ähnlich lässt sich der Wunsch nach einem neuen Banner für unseren Stamm in einem Satz zusammenfassen, der den angeblich regelmäßigen Schlussworten des Senators aus der mittleren römischen Republik, Cato der Älteren, entlehnt ist. Wir brauchen ein neues Banner, ein richtiges Banner. Keine dünne Polyesterfahne mit unserem Stammeslogo drauf, die wie eine schäbige Fußballfahne wirkt. Wie kamen Generationen vor uns überhaupt auf die Idee, so einen Lumpen als Banner zu deklarieren? Wir erkundigen uns bei Älteren aus dem Stamm und es stellt sich heraus, dass dieser Druck quasi auf eine Aktion eines Einzelnen zurückzuführen ist, die schon zeitgenössisch sehr stark kritisiert wurde. Nun gut, dennoch ist keiner damit zufrieden: Wir brauchen ein neues Banner.
Wie kamen Generationen vor uns überhaupt auf die Idee, so einen Lumpen als Banner zu deklarieren?
Auf dem Meißnerlager im Herbst 2013 entschließen Anna, unsere damalige Stammesführerin, und ich uns dazu, das Projekt »neues Banner« weiter anzugehen. Doch was gehört überhaupt auf ein Banner, also ein richtiges Banner? Wie viel Heraldik muss berücksichtigt werden? Wir merken schon, so leicht wird das Ganze nicht werden. Petra aus unserem Förderkreis klärt uns auf: Bundesabzeichen, Lilie, Stammesabzeichen und das Wappen des Heimatortes sollen da irgendwie drauf. Wir lassen ein paar Wochen später in der Leiterrunde darüber abstimmen, ob wir überhaupt ein

neues Banner wollen. Ergebnis? Einstimmig dafür. Nächste Frage: Sollen wir das Köln-Wappen nehmen oder doch lieber das Wappen unseres heißgeliebten Stadtteils Köln-Mauenheim? Eigentlich hätten wir uns die Frage sparen können. Selbstverständlich wird Mauenheim einstimmig angenommen. Dieses Wappen fungierte bis in die 90er-Jahre auch als unser Stammesabzeichen. Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Jetzt muss das Ding nur noch entworfen und genäht, gestickt und was auch immer werden. Voller Stolz kündige ich auf dem Herbstthing an, dass wir uns ein neues Banner schenken. »Ja, ja, beim nächsten Thing könnt ihr euch das neue Banner anschauen«.
Doch jetzt geht’s erst richtig los. Jemand muss den Aufbau des neuen Banners designen. Vorder- und Rückseite. Doch was gehört wo drauf? Egal, Anna Schlechter erklärt sich bereit, etwas zu entwickeln, dann schauen wir weiter. Wir finden noch eine weitere Roverin, Mo, die das Ganze mit Anna zusammen erarbeitet. Es dauert einige Zeit und das Thema »Banner« verläuft im Zuge der laufenden Fahrtensaison ein wenig im Sande. Aber: Wir sind der Meinung, dass Karthago ein neues Banner braucht!
Nach einiger Zeit erhalten wir die Skizze. Wir sind angenehm überrascht. Läuft! Doch wie groß soll das Banner sein? Wie groß die einzelnen Embleme? Kann das Banner bei der und der Größe überhaupt noch im Winde wehen? Einige meinen: »Ach, Größe ist egal, es kommt auf die Farbe an.« Andere sind mittlerweile doch von der Anordnung der Embleme abgeneigt. Welche Form sollen die Hintergründe der Embleme annehmen? Elliptisch, rund, quadratisch. Welches Wappen soll in welcher Höhe liegen? Jeder hat irgendwie seine eigene Vorstellung und wir kommen nur schwer zu einem Ergebnis. Bei circa 25 Leuten in der Leiterrunde auch gar nicht mal so einfach. Ist das Ganze überhaupt umsetzbar? Aber: Wir sind der Meinung, dass Karthago ein neues Banner braucht
Ein Banner mit Klettverschlusswappen, die man je nach Anlass variierend befestigen kann?
Nach und nach kommen mir Zweifel auf. Wer meinen Stamm etwas genauer kennt, kennt vielleicht auch das Verhältnis zu unserem Banner und vor allem den Umgang mit ihm. Es flog gerne schon mal geknüddelt in der Ecke rum, war teilweise verschollen, fungierte als Superman-Umhang für die jeweilige Stammesführung, diente als Trockentuch und musste für weitere Dinge herhalten, die Pfadfinder aus anderen Stämmen wahrscheinlich in Ohnmacht versetzen würden. Im Grunde scheinen uns Traditionen, beziehungsweise Regeln hinsichtlich des Banners, aus anderen Stämmen äußerst suspekt. Ja, genau, das ist doch eigentlich das, was uns ausmacht und zu unserer Stammeskultur auch dazu zählt: Uns selbst nicht zu ernst zu nehmen, selbst über uns lachen zu können und ja, auch gewissermaßen anders zu sein.
Nach zwei weiteren Things unseres Ringes haben wir immer noch kein Banner. Wir räumen unserer Jahresplanungsfahrt im Herbst 2014 mit Hinblick auf das neue Banner einen großen Zeitraum ein und die Diskussionen, wie denn unser Banner genau gestaltet werden soll, werden immer abstruser, was ich an dieser Stelle lediglich auf den Gipfel des Absurden dieser Diskussion reduzieren möchte: Es kam der – ernst gemeinte – Vorschlag auf, das Banner mit Klettverschlusswappen zu versehen, die man je nach Anlass variierend befestigen könnte. Zu viel des Guten – definitiv. Letztendlich kann man sich dann doch ein paar Stunden später auf das endgültige Design einigen.
Ab in die Produktion. Doch nach einigen Wochen müssen wir feststellen, dass wir das selber nicht schaffen. Daher werden einige professionelle Fahnenmacher gesucht und mit Anfragen übersät. Dass die Kostenvoranschläge jedoch so hoch ausfallen, hatte keiner erwartet. Diese Summen können wir nicht aufbringen.
Wir schreiben mittlerweile Herbst 2015. Mehr als zwei Jahre nach dem Meißnerlager sind vergangen. Nahezu resigniert verkünden wir auf dem nächsten Herbstthing, dass wir immer noch kein neues Banner haben. Zu hoch sind die Preise für uns. Aber: Wir sind der Meinung, dass Karthago ein neues Banner braucht. Und dann auf einmal kommt die Überraschung. Sigrid vom Stamm Argonauten bietet so aus dem mir nichts, dir nichts an, dass sie das ruhig machen könne. Was’n da los? So einfach geht das? Innerhalb von 3 Wochen würden wir das Banner in den Händen halten. »Ja, nee, is’ klar…«.
Nach 3 Wochen weiterer Wartezeit kann ich es nicht fassen. Unser Banner ist nach mehr als zwei Jahren fertig. An dieser Stelle noch einmal großen Dank an Sigrid!
Schnell verfliegt mein Zweifel, ob ein Stück Stoff überhaupt wichtig für den Stamm sei. Als ich es endlich in meinen Händen halte, bin ich so gerührt, dass ich mir sogar ein paar kleine Tränchen verkneifen muss. Wie kindisch. Dennoch: Endlich hat Karthago ein neues – richtiges – Banner. Und doch, es passt zu uns. »Trotz« tollem Banner empfinde ich es nicht als Stammesheiligtum, das nur von einer exklusiven Gruppe berührt werden darf, sondern uns allen gehört. Egal: Wir freuen uns einfach, endlich ein schönes Banner zu haben. Aber urteilen sollt ihr natürlich selbst.
Mitreden!