Der Hintergedanke war relativ simpel: Wir wollten unseren Sippen weitere Anreize geben, auf Hajk zu gehen. Das Auf-Fahrt-Gehen ist ein spannendes Abenteuer und soll den Sipplingen auch so verdeutlicht werden. Außerdem überlegten wir, in der Jahresplanung einen einheitlichen Fahrtentermin für alle Gruppen des Stammes freizuhalten, damit die »kleine« Sippenfahrt, die wohl die persönlichste und verbindendste aller Fahrten ist, nicht in der Menge der »großen« Stammesfahrten, Ringund Bundesaktionen untergeht.
Christoph machte den Vorschlag, dass alle Sippen am gleichen Termin eine Fahrt in ein ihr unbekanntes Gebiet unternehmen solten. Nach etwas Überlegen und Herumspinnen konkretisierten wir: Es sollte nicht nur ein unbekanntes Gebiet im Sinne von »noch nicht befahren« sein, sondern vielmehr sollte es wirklich bis zum Zeitpunkt der Abfahrt nicht klar sein, wo es überhaupt hingeht! Das Projekt »Fahrtenlotterie« war geboren: Alle Sippen trafen sich am Bahnhof, jeder Sippe wurde ein geheimnisvoller Umschlag zugelost, der erst im Zug geöffnet werden durfte. Im Umschlag befand sich ein netter Hajkbrief mit kleinen Hajkaufgaben, die Zugverbindung zum Startort des Hajks, eine Wanderkarte sowie einige mögliche Rückverbindungen vom Zielort des Hajks. Und ehe man sich versah, war man mittendrin im Fahrtengefühl…
Erlebnis
»Ich will offen für neue Wege sein.« – Es ist sehr aufregend in unbekanntes Gebiet zu reisen, wenn man sich zu Hause nicht darauf vorbereiten kann. Man hat keine Vorstellung der Umgebung; sie enthält immer neue Sehenswürdigkeiten und neue Leute.
Wir wanderten durch Kreuzberg (Ahr) – ein schönes Gebiet! Leider musste einer unserer Gruppenführer nachkommen; wir schrieben ihm eine SMS, wohin er fahren müsste – wir wussten es ja alle vorher nicht – sowie, wo wir die Wanderkarte am Bahnhof versteckt hatten samt der Anweisung, wo wir übernachten wollten. Wir versteckten sie passenderweise hinter der Landkarte am Bahnhof. Kurz darauf hajkten wir los. Natürlich fanden wir den Weg erstmal nicht, aber am Ende haben wir es doch noch auf den Berg geschafft, auf dem wir übernachten wollten (und auf dem es wegen des Windes eisig kalt war). Wir bauten uns also im Dunkeln fröstelnd und müde unsere Juschke auf und gingen nach Nudeln mit Tomatensuppe ins Bett. Kurz bevor die Juschke fertig aufgebaut war, findet auch unser zweiter Gruppenführer, Dän, mit einiger Verspätung zu uns.
Als wir aufwachten war es natürlich nicht wärmer. Aber der Wind hatte aufgehört zu blasen. Man konnte also nicht frierend seine Pflichten erledigen. Natürlich war ich dran, den HoPo zu spülen… Die Juschke musste auch so schnell wie möglich abgebaut und unsere Rucksäcke gepackt werden, damit die vorbeikommenden Wanderer nicht merkten, dass wir an der Stelle übernachtet hatten… Später dann, als ich den HoPo endlich abgetrocknet (wieso ist mein Trockentuch so schwarz?) und – wie natürlich immer – ich ihn eingepackt hatte, konnten wir endlich weiterwandern… Wir hatten einen weiten Weg und viele Steigungen vor uns, die meisten freuten sich darauf, endlich Abend zu haben und direkt neben dem Bahnhof übernachten zu dürfen.
Am zweiten Tag trafen wir ein paar Wanderer aus den Niederlanden, die von uns ein Wanderlied hören wollten (danke, David, dass du die Gitarre mithattest). Warum fällt den Leuten nicht mal was anderes ein, das man mit einer wandernden Jugendlichengruppe in Verbindung setzen könnte? Abends dann wollten wir uns einen Schlafplatz suchen. Wir stiegen in getrennten Teams zwei Berge hinauf und kundschafteten sie aus. Auf den einen (auf den ich natürlich gestiegen bin) konnte man nur sehr schwer hochsteigen und es gab dort keinen Schlafplatz. Auf dem anderen gab es eine Schutzhütte – schreiend bunt angemalt und »Bunte Kuh« genannt. Es war dort nicht minder windig und kalt als in der Nacht davor, aber man konnte sich wenigstens in die Schutzhütte legen. Nach dem Abstieg vom Berg und dem Aufstieg – mit Rucksack – auf den anderen Berg waren wir dann da. Wir kochten unser Abendessen und etwas Tschai.
Nach der obligatorischen Singerunde gingen wir dann schlafen. Manche wieder ganz früh, sodass sich die anderen gezwungen sahen, ihnen zu folgen – schlafende Jugendliche sollte man nicht mit schlechtem Gesang wecken. Am nächsten Morgen mussten wir zur Bahn rennen, da wir zu spät waren – wieder mal durch langes Packen, Frühstücken und Trödeln. Wir bekamen die Bahn im letzten Moment, hatten eine Zwischenstation von einer Stunde kurz vor Brühl – Juchuuuu……… *gähn* – und kamen am Ende endlich Zuhause an.
Learnings
Die Fahrtenlotterie hatte viele Vorteile: Es war gewährleistet, dass auf jeden Fall alle Sippen auf Hajk gehen, das Planungsteam hatte einen verhältnismäßig geringen Organisationsaufwand, die aktiven Sippenführer wurden entlastet und die Sipplinge waren begeistert. Die Gruppengemeinschaft wurde durch die hohen Anforderungen an die Flexibilität der Gruppe gestärkt. Außerdem war es eine willkommene Abwechslung im Fahrtenleben. Unsere Befürchtung, dass Eltern der jüngeren Sipplinge Probleme damit haben, dass der Ort bis zur Abfahrt nicht bekannt gegeben wird, bestätigte sich nicht. Die Eltern, die bei der Abfahrt dabei waren, erfuhren es direkt, den anderen genügte eine Kurzinformation auf der Homepage. Das Projekt Fahrtenlotterie werden wir also auf jeden Fall in diesem Jahr wiederholen …
PS: Übrigens ist auch eine Sternanwanderung der Sippen zu einem gemeinsamen Platz sehr gut möglich.
Mitreden!