»Kannst Du einen Artikel über die letzte Fahrt für die Stammeszeitung schreiben?« – wenn ich diese Frage vor ein paar Jahren bei uns im Stamm gestellt habe, sind die Leute oft erstmal zusammen gezuckt. Wegen der Arbeit und weil ja Schreiben eher was für andere ist. Dabei ist ein guter Fahrtenbericht zwar Kunst, aber kein Hexenwerk. Und viel Arbeit ist es auch nicht, wenn man sich vorher ein paar Gedanken macht und einige Tipps beherzigt.
Zu allererst sollte man die Fahrt noch einmal Revue passieren lassen. Wo sind wir gelaufen? Wo haben wir übernachtet? Wann sind wir im See schwimmen gewesen? Aber die Fakten sind nur das Grundgerüst: wichtig sind vor allem die Erlebnisse und die besonderen Ereignisse auf Fahrt. Das können Kleinigkeiten wie das verbrannte Essen am zweiten Abend oder das zufällige Treffen mit der französischen Pfadfindergruppe sein, mit der man einen Tag lang zusammen gewandert ist. Wenn die Fahrt schon ein bisschen zurück liegt, hilft es, sich noch mal die Fotos von der Fahrt anzuschauen. Notiert einfach alles, was euch einfällt, stichwortartig auf einen Zettel. Aus diesem Pool könnt ihr dann nachher euren Fahrtenartikel bauen.
Jetzt geht´s ans eigentliche Schreiben. Ganz wichtig ist die Einleitung: sie muss mitreißend sein und Lust am Weiterlesen wecken. Bei Einstiegen wie – Alles begann wie immer: wir trafen uns um 15.30 Uhr am Mainzer Bahnhofshaupteingang…- blättert jeder Leser schon zum nächsten Artikel. Auch auf Einleitungen wie – Als mich die Redaktion der Stammeszeitung ansprach, einen Artikel über die Sommerfahrt nach Slowenien zu schreiben …- sollte verzichtet werden. Darüber zu schreiben, wie man den Artikel geschrieben hat ist selten wirklich interessant (außer dieser Artikel: also weiter lesen!). Ein möglicher Einstieg wäre beispielsweise, die Stimmung bei der Abfahrt zu skizzieren oder eine Szene von der Hinfahrt zu schildern: – Draußen vor dem Fenster flitzen Bäume, Häuser, Menschen und Autos vorbei. Wir sitzen (oder besser: toben) in der Regionalbahn und fahren in die Pfalz ins Sommerlager – . Ein noch besserer Einstieg ist es, einen besonderen Augenblick auf der Fahrt herauszugreifen und ihn im Detail zu schildern: – Der Wecker klingelt. Langsam erwache ich und tauche aus den Tiefen des Schlafsackes auf. Ich rüttele ein wenig an der Person, die neben mir schläft, während ich gleichzeitig nach dem Wecker greife und den Off- Schalter betätige, um dem nervigen Geräusch eine Pause zu gönnen.- Am Ende der Einstiegsszene baut man dann eine Rückblende ein, um kurz zu erklären, wo man ist und wie man dort hingekom- men ist (ganz Gewiefte fangen mit der Schlussrunde an). Wenn das Lager oder die Fahrt unter einem bestimmten Thema stand, kann man auch mit einer erfundenen Zeitungsmeldung anfangen. Zum Beispiel beim Motto »Steinzeit«: Bei großflächigen Ausgrabungen auf Wiesen rund um das Forsthaus Kallweiler wurden gestern interessante Entdeckungen gemacht. Unbestätigten Angaben der Archäologen zufolge handelt es …
Also: es geht alles, nur nicht langweilig!
Dann kommt der eigentliche Bericht. Hier kann man aus dem bereits angelegten Pool aus Fakten und Erlebnissen schöpfen. Wichtig ist es, nicht nur den Ablauf zu schildern, sondern vor allem Stimmungen und Erlebnisse zu erzählen. Also nicht so viel Wert auf Vollständigkeit legen, sondern lieber auswählen. Es gilt: weniger ist mehr! Der Speiseplan der zweiwöchigen Wandertour muss nicht vollständig in der Stammeszeitung wieder- gegeben werden. Als Autor sollte man sich überlegen, was für Leser, die nicht dabei waren, interessant sein könnte. Danach kann man sich richten (selbstverständlich dürfen aber auch ab und an – Insider- eingestreut werden). Wie schon gesagt, man sollte versuchen die Stimmung einzufangen. So kann man die Anstrengungen beschreiben, bei dieser Hitze zu wandern – dann versteht der Leser auch mehr, wie erfrischend das Bad im Bergsee gewesen sein muss. Aber auch nette Alltäglichkeiten der Tour, wie der umgekippte Kochtopf am Dienstagabend, machen den Fahrtenbericht lebendig. Die besonderen Erlebnisse müssen natürlich auf jeden Fall rein. Beim Schreiben sollte man generell darauf achten, dass sich Satzanfänge und Überleitungen nicht zu oft wiederholen. Ein Bericht mit “Und dann … und dann … und danach …” wird schnell öde. Beim Schreiben kann man sich an den chronologischen Ablauf halten – man kann aber auch versuchen, die bereits oben geschilderten Rückblenden nicht nur in der Einleitung, sondern auch im Hauptteil einzubauen. Übrigens könnt Ihr ruhig aus der – Ich- -Perspektive erzählen.Der Schluss kann unspektakulär ausfallen. Zum Beispiel einfach mit dem letzten Abend enden. Abbauen und Rückfahrt muss nicht erwähnt werden. Wenn man es aber ein bisschen besser machen will, kann man ein kleines, witziges Fazit der Wandertour ziehen, z.B.: – Trage niemals 5 Liter Wasser 1500 Höhenmeter hoch, schlafe nicht an abgelegenen Treffpunkten der Mafia und nenne deine Roverrunde statt Triglav besser Holland.- Mit dem Schluss ist der Artikel aber noch nicht fertig. Was jetzt noch fehlt ist eine gute Überschrift. Idealerweise sollte sie Interesse wecken und das Thema wenigstens andeuten. Ersteres ist aber deutlich wichtiger. Meistens kann man auch die obligatorischen Angaben (wer, wann, wohin gefahren ist) in eine Unterzeile unter die Überschrift packen (wie hier im haddak).
Und dann ist er schon fertig, der Fahrtenbericht. Natürlich ist noch viel mehr möglich, als hier beschrieben. Probiert´s einfach mal aus und lasst eurer Kreativität freien Lauf. Übrigens: wenn ihr bereits auf Fahrt ein kleines Tagebuch führt, könnt ihr das direkt verwenden. Sorgfältig und regelmäßig geführt, ist es auch besser als jeder Bericht im Nachhinein. Über eure fertigen (Fahrten-)Artikel freut sich natürlich auch die haddak-Redaktion. Also zögert nicht, sie uns zuzusenden!
Mitreden!