Es herrscht Aufregung im jugendbewegten Spektrum: Bünde am politisch rechten Rand sind auf dem Vormarsch! Während viele (so auch unser Bund) einen klaren Abgrenzungskurs gegenüber diesen Gruppen fordern, sehen andere den freiheitlichen Geist der Bewegung in Gefahr, sollte man eben jene Grenze ziehen. So wird beispielsweise vorgeschlagen einen Integrationskurs zu fahren, der mitunter das wohlmeinende Ziel verfolgt, die dort eingebundenen Jugendlichen »resozialisieren« zu können. Doch warum greift dieser Disput gerade jetzt Raum?
Bünde am politisch rechten Rand sind auf dem Vormarsch!
Rechtsradikale Gruppen, die sich äußerlich als Pfadfinder oder Bündische gaben, sind keineswegs neu: Die schon 1994 verbotene Wikingjugend oder die 2009 verbotene Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) sind wohl die bekanntesten Beispiele. Diese Gruppen hatten jedoch nie eine wirkliche Chance, sich in der bündischen Szene zu verankern: Sie waren so unbestritten neonazistisch, dass niemand ernsthaft erwog, mit ihnen in Kontakt zu treten. Doch die Gruppen, um die es heute geht, machen eine Einordnung nicht mehr so leicht: Offener Rassismus ist dort dem sogenannten Ethnopluralismus gewichen, der sich in solch scheinbar unverfänglichen Forderungen wie der nach einem »Europa der Völker« widerspiegelt, in dem zwar jedes Volk gleichwertig sei, aber bitteschön hübsch getrennt von den anderen seine kulturelle Reinheit bewahren solle. Singen, Tanzen und Musizieren wird zur Bewahrung der Volkskultur umgedeutet und die geistigen Vorbilder von damals sind nicht etwa Nationalsozialisten, sondern die Protagonisten der sogenannten »Konservativen Revolution« aus der Weimarer Zeit, antidemokratische und zutiefst völkische Vordenker. Zwar gibt es auch nach wie vor Schnittmengen zu Neonazis, beispielsweise wenn HJ-Lieder gesungen, in gemeinsamen Netzwerken gearbeitet und sich auf Veranstaltungen gegenseitig besucht wird, NS-Dichter bei Wintersonnenwenden zitiert oder Ahnenpässe aus den Dreißigern per Anzeige in der Bundeszeitschrift beworben werden, aber insgesamt gibt man sich größte Mühe, das antiquierte völkische Weltbild als pure Heimatliebe darzustellen. Und gegen Heimatliebe kann ja schließlich niemand etwas haben. Insgesamt wird nicht ungeschickt versucht, eine Verschiebung vom Rechtsextremismus hin zum rechten Rand innerhalb des demokratischen Meinungsspektrums zu suggerieren. Dies gelingt jedoch deshalb nicht glaubhaft, weil die Grenzen immer wieder überschritten werden und diese Bünde damit vielmehr eine Scharnierfunktion zwischen rechtsextremen und stark rechtskonservativen, aber demokratischen Gruppen einnehmen. Warum haben sich diese Gruppen nun ausgerechnet die Jugendbewegung zu eigen gemacht?
Man gibt sich Mühe, das antiquierte völkische Weltbild als pure Heimatliebe darzustellen.
Zum einen, weil leider in ihrer Geschichte der völkische Gedanke (auch der Antisemitismus) eine wesentliche Rolle spielte. Mit der Anknüpfung an historische Bünde der Vorkriegszeit versucht man also, ein überkommenes Weltbild hinter vermeintlicher Traditionspflege zu verstecken. So ist es dann auch kein Zufall, dass man sich innerhalb dieser Gruppen zwar mit »Heil« begrüsst, dies aber natürlich auf den alten Wandervogelgruß bezogen wissen will! Darüber hinaus bietet die unübersichtliche Bündelandschaft ein weites Feld, in dem man sich zum einen bestmöglich dem kritischen Blick der Öffentlichkeit entziehen und zum anderen aber auch zu einer »rechten Milieubildung« – sprich Unterwanderung – beitragen kann, wie es ein Angehöriger einer dieser Bünde in einem Interview mit einer neurechten Zeitschrift ausdrückte. Denn äußerlich sind die »Rechten« kaum von den anderen Bünden zu unterscheiden.Ob und in welcher Form die Jugendbewegung weiterhin von diesen Gruppen missbraucht werden kann, hängt in erster Linie von ihr selbst ab. Die meisten Begegnungsstätten und Singewettstreite (aber eben nicht alle) haben mittlerweile reagiert und entsprechend Ausladungen ausgesprochen. Zumeist sind an eine Wiederzulassung Bedingungen geknüpft, die von diesen Gruppen als unzumutbar zurückgewiesen werden. Dazu zählt beispielsweise die Distanzierung zu Aussagen und Seilschaften einzelner Mitglieder, die tief ins rechtsextreme Milieu verweisen oder die Aufarbeitung der eigenen Geschichte. Interessant wird nun, ob der Vorbereitungskreis für das 100-jährige Jubiläum des Meißnertreffens 2013 diesen Beispielen folgen wird.
Was aber können wir konkret tun? Zunächst einmal vor allem unsere Ideale hochhalten und zeigen, dass die übergrosse Mehrheit der Bünde in Deutschland für ein demokratisches und weltoffenes Gemeinwesen eintritt. Das leben wir auf unseren Fahrten, in unseren Heimabenden, auf Bundesveranstaltungen, wie auch auf überbündischen Treffen. Grundsätzlich ist es nun gerade auf solchen überbündischen Treffen wichtig, unbekannten Bünden nicht generell mit Misstrauen zu begegnen. Panikmache ist schon aufgrund der unbedeutenden Mitgliederzahlen dieser Gruppen fehl am Platz. Genau hinzuschauen bzw. hinzuhören, welche Lieder gesungen, welche Gedichte vorgelesen und welche Ideen propagiert werden, kann aber sicher nicht schaden. Insbesondere, wenn Ihr mit Jüngeren unterwegs seid, ist es keineswegs falsch, sich auch im Vorfeld zu informieren, welche Gruppen an überbündischen Veranstaltungen teilnehmen werden.
Mehr Infos gewünscht?
Nähere Informationen, insbesondere, wer diese Bünde und Gruppen sind, finden sich in dem im Frühjahr erschienenen Buch »Wer trägt die schwarze Fahne dort?« von Jesko Wrede (BdP Berlin) und Maik Baumgärtner. Die erste Auflage ist bereits vergriffen, eine weitere jedoch in Arbeit. Darüberhinaus gibt‘s im Internet unter www.rechte-jugendbuende.de ein informatives Blog. Die Erklärung unseres Bundes zum Thema könnt Ihr über das Bundesamt beziehen.
Mitreden!