Anderer Bund, andere musische Arbeit – während wir uns im DPBM jährlich zu einem Singewettstreit treffen, veranstaltet der Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) nur alle vier Jahre in seinem Bundeslager einen richtigen musischen Wettbewerb.
Der Singewettstreit findet an einem Abend vor rund 2500 Zuhörern statt. Meistens melden sich etwa 40 Gruppen an, so dass eine Vorentscheidung notwendig ist. Die wird durch die Leiter aller teilnehmenden Gruppen anhand einer Punktzahlvergabe getroffen. »Diese Regelung gibt es schon sehr lange und ist auch akzeptiert«, schildert Igor (Stamm Raugrafen), der den Wettstreit organisiert. Übrig bleiben pro Kategorie drei Gruppen (bei den Singekreisen manchmal auch sechs), die am eigentlichen Abend mit zwei Liedern auftreten dürfen. Bei den vier Kategorien Sippen, Stämme, Singekreise und Solisten ergibt das also insgesamt 15 Gruppen. Fünf Juroren vergeben dann die Platzierungen, die mit verschiedenen Sachpreisen aus der Bundeskämmerei und drei Geldpreisen der »Stiftung Pfadfinden« versehen werden. Im letzten Bundeslager 2009 sei das musikalische Niveau erstaunlich gut gewesen, findet Igor. Unter den Gewinnern des Abends sind öfters auch ausländische Pfadfindergruppen anzutreffen, die als Gäste am BdP-Bundeslager teilnehmen. Umso erstaunlicher, als dass die Vorgabe: »Mindestens ein Lied in deutscher Sprache« auch für sie gilt. Für Überraschungen ist aber auch oft die Kategorie »Solisten« gut. Vor ein paar Jahren sorgte hier ein 13-jähriger, irischer Pfadfinder mit einer Tin Whistle für Furore.
Das dargebotene Liedgut ist bunt gemischt: alte Bekannte sind dabei, wie auch neue Lieder – manchmal sogar selbstgemachte. Derzeit fließt viel aus dem »Zugvogel«, einer Gruppierung in der Tradition des Wandervogels, in das Liedgut des Bundes ein. Dennoch gibt es auch Probleme: »Zwar gibt es zahlreiche neue Lieder« so Igor, »viele davon sind aber einfach zu schwierig. Wir brauchen halt auch Lieder zum Mitgrölen.«
Austausch und gemeinsames Fest sind den Leuten wichtiger.
Neben den Singewettbewerben in den Bundeslagern trifft sich der BdP alljährlich zum Singen und Musizieren bei »Alles drin« – einem Wochenende, das auf der Burg Königstein stattfindet und sich im Gegensatz zum Bundeslager an alle Altersstufen im BdP richtet. Im Zentrum steht dabei nicht ein Singewettstreit, sondern ein breitgefächertes Programm rund ums Thema Musik und Kunst. So beginnt das Wochenende traditionellerweise mit einem Film unter freiem Himmel im großen Burghof und anschließendem Singeabend. Samstags werden musische und handwerkliche AGs angeboten. Sie werden meistens von Pfadfindern geleitet, manchmal aber auch von eigens eingeladenen Referenten. Bei jüngeren Sippen, die keine Lust haben an einer AG teilzunehmen, erfreut sich das zeitgleich angebotene Burgspiel großer Beliebtheit.
Wir brauchen halt auch Lieder zum Mitgrölen.
Am Abend findet dann im Innenhof das Burgfest statt, bei dem Gruppen mit Liedern, aber auch künstlerischen Beiträgen (etwa Jonglage) auftreten können. Meistens nehmen etwa 20 Gruppen teil – manche auch ganz spontan – und gestalten zusammen den zwei- bis dreistündigen Abend. Zwar vergibt auch hier eine Jury aus den Leitern aller teilnehmenden Gruppen den »Musischen Preis« der »Stiftung Pfadfinden«, allerdings betont Igor: »Ich habe den Eindruck, dass diese Preisvergabe eher ein Beiwerk ist. Austausch und gemeinsames Fest sind den Leuten wichtiger.«
Das Wochenende »Alles drin« fand 2003 erstmals statt, um die musische Arbeit im BdP wieder zu intensivieren. Mittlerweile ist es zu einer Tradition geworden, die von den Stämmen gut aufgenommen werde, so Igor. Bedarf für mehr Wettstreit in der musischen Kultur des BdP sieht Igor nicht. Allerdings nehmen auch viele BdP-Stämme an überbündischen Singewettstreiten teil. So waren unter den 25 beteiligten Gruppen des diesjährigen Hamburger Singewettstreits neun Gruppen des BdP. Hinzu kommt, dass die Aufteilung zwischen Singewettstreit auf der einen und musischem Wochenende auf der anderen Seite deutlich älter ist als »Alles drin« und bis in die Anfäge des BdP in die 70er Jahre zurückreicht. Denn trotz vieler Experimente in der Zwischenzeit hat sich an dieser grundsätzlichen Aufteilung nichts geändert. Und letztlich muss auch der erfahrene Musiker und Wettstreit-Organisator zugeben: »Ich bin mir gar nicht so sicher, ob ein Singewettstreit dazu beiträgt, das musische Niveau im Bund zu stärken oder ob es eher Leute davor abschreckt, überhaupt zu singen.«
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