Was in dem Lied »Oj dortn, dortn« besungen wird, nämlich die Trennung von Freunden, Familie und der Liebsten, die »iberm Wasserl« sind, also in der Ferne, klingt für die meisten heute höchst altertümlich: Briefe schreiben mit »Tint und mit Feder«.
Was tun, wenn die Person, der man sich mitteilen will, nicht in der Stadt, nicht im Land – nicht in der Nähe ist? Ja, heute, im multimedialen Zeitalter, gibt es darauf so viele Antworten, wie man Zeichen in einer SMS vertippen kann. Doch führen uns nicht gerade diese technischen Helferlein manchmal an unsere kommunikativen Grenzen? Kaum hat man eine nette Begrüßung formuliert, reicht es nur noch für einen mageren Satz, um auf den Punkt zu kommen. Und am Ende platzen gar alle Illusionen von einem lyrischen Meisterwerk, wenn man mit einem Kürzel wie »Lg, K.« enden muss. Auch gerade jetzt, wenn ich hier am Computer sitze und über die altmodische, vom Aussterben bedrohte Form des Briefeschreibens sinniere, kann ich via Internet mit meinen Freunden in Berlin, Hamburg und Afrika sprechen. Kommunikation ist für uns Mitglieder der »Generation X«, »Generation Ich« oder »Generation Chips« rund um die Uhr und auf allen Kanälen und Flatrates, die es so gibt, möglich. Und doch bringen wir manchmal bloß Sätze auf Höhlenmenschenniveau zustande.
Ich starre auf den Bildschirm und frage mich: Wie war das denn früher? Wo ist das gute alte Papier geblieben? Gut, er ist wirklich praktisch, dieser permanente digitale Kontakt zu seinen Freunden – aber jetzt mal Hand aufs Herz: Wann habt ihr das letzte Mal einen echten Brief geschrieben? Noch vor zehn Jahren habe ich allen Ernstes Briefpapier geschenkt bekommen. Tonnenweise Bögen mit Ponys und Pandabären drauf. Briefpapier?! Jeder Dreizehnjährige würde mich heute schallend auslachen, wenn ich ihn fragen würde, ob er denn auch hübsches Briefpapier besäße.
Aber bei näherer Betrachtung gibt es doch eindeutige Vorteile beim Briefeschreiben: Man ist weder an 160 Zeichen gebunden, noch an eine Steckdose. Man kann sich mit Formulierungen, Farben, Bildchen, Glitzerstickern kreativ voll austoben – was ist ein Emoticon dagegen? Habt ihr schon mal versucht, eine Mail mit Parfum zu beduften? Oder eine Nachricht im StudiVZ mit Blut zu unterschreiben, um eure Liebe zu beweisen? Das ist alles nur was für Romantiker? Kann sein. Aber wie dramatisch ist es, eine Nachricht zu löschen, wenn man sie doch in tausend Stücke zerreißen und verbrennen will? Denkt mal drüber nach.
Also, seid mutig: Nehmt Stift und Papier und schreibt einer netten Person mal wieder einen schönen Brief. Schleckt Umschlag und Briefmarke ab und verbrennt auf dem Weg zum Postkasten ein paar Kalorien. Und wenn ihr Glück habt, werdet ihr bald in eurem Briefkasten zwischen Werbung und Rechnungen einen Umschlag finden, auf dem ein guter Freund euren Namen gekrickelt hat…
Mitreden!