Wenn ich durch die Straßen der Großstädte wandere, sehe ich viele Grautöne. Wohnhäuser wechseln sich mit Fabriken ab, zwischendurch blitzt vielleicht mal eine bunte Schule oder ein Kindergarten auf. Grünflächen sind abgemessen und in akkurate Rechtecke eingeteilt.
Dann gehe ich um die nächste Ecke – da steht plötzlich ein Apfelbaum. Völlig aus dem Nichts. Er steht weder in einem Garten noch in einem geschlossenen Park. Einfach so steht er an der Straße, scheint keinem zu »gehören«. Und die Äpfel sehen wahrlich lecker aus. Schön reif und rot leuchten sie in der Oktobersonne. Und ich habe Hunger. Jetzt grade ganz besonders auf so einen Apfel.
Doch schon in frühester Kindheit hat man uns beigebracht, fremde Sachen nicht einfach wegzunehmen, sondern zu fragen. Nur: Wen frag ich denn? Wem »gehört« dieser Baum? Er steht am Straßenrand, sagen wir mitten in Berlin. Geh ich dann zum nächstmöglichen Rathaus und frage die Mitarbeiter, ob ich mir einen nehmen darf? Eher nicht.
Einen Apfel hab ich jetzt aber immer noch nicht in der Hand. Würde ich mir jetzt einfach einen nehmen, begehe ich dann einen Diebstahl?
An dieser Stelle sei gesagt: Man spricht in solchen Fällen nicht von Diebstahl, sondern von Mundraub. Das ist im Prinzip auch eine Art von Diebstahl, allerdings geht es nur um Nahrungsmittel und ich nehme mir nur so viel, wie ich gerade brauche. In dem Fall ein Apfel. Daher das Wort »Mund«. Mehr kann ich gerade ohnehin nicht essen. Es wird nicht bestraft, außer der eventuelle Eigentümer des Obstes besteht drauf.
Diebstahl bleibt aber Diebstahl. Und dennoch: Ich mache mich nicht strafbar, wenn ich mir einen Apfel von diesem Baum nehme. Ganz im Gegenteil: Diese Sträucher und Bäume werden nicht abgeerntet, sondern das Obst würde verfaulen und zu Boden fallen. Wer sie erntet und die Früchte weiter verwendet, tut der Natur etwas Gutes. Ernten wir die Bäume und Sträucher, können diese weiter wachsen und sich beispielsweise auf den nahenden Winter vorbereiten.
Aber wo finde ich solche Bäume, wenn ich nicht gerade per Zufall daran vorbeilaufe? Hier kommt die Website www.mundraub.org ins Spiel. Vor einigen Jahren haben sich ein paar Freunde in Berlin zusammengetan und online eine Möglichkeit geschaffen, Standorte von »wildem Obst« zu markieren und auf der Website hochzuladen. Man tauscht sich aus und lernt vieles neues kennen.
Habt ihr auch schon mal »wildes Obst« entdeckt oder bedient ihr euch sogar regelmäßig an solchen Bäumen? Schaut doch mal nach, ob diese schon registriert sind. Oder wollt ihr sie lieber für euch behalten? Kann ich verstehen. Pilzsammler geben ihre besten Verstecke nämlich auch nicht preis, auch wenn die Betreiber schon ganz oft gefragt wurden, ob man nicht auch Pilzgebiete markieren könnte.
Aber vielleicht möchtet ihr an dieser Stelle eure leckersten Rezepte für Apfelkuchen und Co. verraten? Die haddak-Redaktion freut sich auf jeden Fall!
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