Als ich im Jahre 2007 voller Spannung den neuen haddak 2.0 las, machte mich ein Artikel besonders aufmerksam: »Pfadfinder von gestern!?«, verfasst von Fabian (Stamm Wikinger). Er schrieb über einen Artikel aus der taz vom 28.07.2007, der sehr negativ über die Pfadfinder als gesellschaftliches Phänomen berichtete.Der Gedanke der Wandervögel, so die taz, beschränke sich nicht nur auf die bürgerlichen Schichten, was den Preis der Vereinnahmung durch die Kirche, diverse Parteien und andere Gewerkschaften zur Folge hatte. Die Jugendbewegung sei nur noch eine Jugendpflege, die sich die Frage stellt, wie sie die Jugend am Besten beeinflussen kann. Nun waren die Pfadfinder für mich immer wie das Betreten einer anderen Welt. Auf Fahrt gehen – Abstand zu den Alltagsproblemen gewinnen. Nur noch die Frage im Kopf: Was wartet hinter der nächsten Weggabelung?
Die Aussagen des taz-Autors störten mein Empfinden des Pfadfinder-Seins so sehr, dass es mich interessierte, warum sein Standpunkt so negativ war. Deshalb kontaktierte ich den netten Herrn, um ein paar Dinge klarzustellen. Überraschenderweise besitzt er mehr Wissen als ich gedacht hatte. Seine Magisterarbeit schrieb er über das Thema »Die Freie Deutsche Jugend in der Tradition der deutschen Jugendbewegung«. Dafür studierte er die deutsche Jugendbewegung ausgiebig und kam dabei zu dem Schluss, dass durch die schrittweise Integration von Verbänden und Vereinen, Kirche oder Parteien begannen, diese Bewegung eben auch für ihre Zwecke zu »instrumentalisieren«.
An dieser Stelle müsste man solche Zusammenhänge aber differenzierter betrachten, denn gerade der DPBM ist beispielhaft für einen konfessionell und parteipolitisch unabhängigen Bund. Wenn sich die Kenntnis des Journalisten nur auf die FDJ beschränkt, ist es ihm dann möglich, das Ressort Pfadfinder in Verbindung mit der Deutschen Jugendbewegung differenziert zu betrachten? Kann man von der Ideologie der FDJ auf andere Pfadfinderbünde, die nicht in den Strukturen von Kirche und Parteien stecken, schließen? Und: Kann man dem Kern unserer Arbeit dabei noch gerecht werden?Leider nein, wie es der Journalist zeigt. Seiner Ansicht nach sind die Pfadfinder für die heutige Jugend längst nicht mehr »in«. Jugendliche träfen sich lieber an der »Tanke«. Haben die Pfadfinder in unserer heutigen Gesellschaft noch eine Daseinsberechtigung, wenn Jugendliche ihr Leben ins Internet verlagern oder eben aus Perspektivlosigkeit an jene »Tanke«?Ja, haben sie. Auch wenn die heutige Jugend der Domäne Pfadfinder eher suspekt gegenübersteht. Fragen wie »Esst ihr Schnecken?«, »Jeden Tag eine gute Tat?« kennt wahrscheinlich jeder Pfadfinder. Dennoch schließt das eine das andere nicht ganz aus. Ein Jugendlicher, der einen Teil seiner Freizeit an der »Tanke« mit seinen Kumpels verbringt, kann trotz allem die Fahrt, das Sippenleben und das Lagerfeuer lieben.
Es geht also nicht um ein Entweder-oder, vielmehr um viele verschiedene Abschnitte eines Lebens – einerseits die Schule, vielleicht auch das Abhängen an der Tanke und andererseits eben auch die Pfadfinder.