Auf großer Reise habe ich in verschiedenen Ländern versucht mit Pfadfinder_innen in Kontakt zu kommen. Wo man schon mal vor Ort ist, warum nicht vorbeischauen. Kulturaustausch, Gleichgesinnung und natürlich Abzeichenübergabe. Dieses Mal geht es um unseren Besuch im Iran, wo Max und ich, beide Landesritter aus dem Ring Kölner Bucht, zum Jahreswechsel 2018/19 gerade mit dem Rucksack unterwegs waren.
Kontakt:
Den ersten Kontakt habe ich auf Instagram hergestellt und bin über ein paar Ecken endlich an einen Teheraner Pfadfinder gekommen, der bereit war uns herumzuführen. Leider gab es im Januar wegen der Feiertage kein Treffen, welche normalerweise monatlich für die Erwachsenen stattfinden. Es gibt allerdings eine Schule, die wir besuchen durften.
Als wir vom Hostel abgeholt wurden, stand Mr. Mahdi mit gebügelter Kluft und feiner Hose vor uns. Den Pfadfindergruß zum Salut an die Stirn gehalten, nahm er uns in Empfang. Die Hand wurde auch in pfadfinderischer Manier mit abgespreiztem Finger gegeben.
Jungsschule:
Seit sechs Jahren gibt es nun wieder zwei Privatschulen unter dem Motto Pfadfinderei. Sie sind geschlechtergetrennt und gehen von der 1. bis zur 6. Klasse. Die Schüler kommen aus einem wohlhabenden Hause, haben teilweise schon im Ausland gelebt oder Eltern, die im Ausland arbeiten.
Das Kurrikulum beinhaltet neben den regulären Fächern auch Inhalte unserer Probenarbeit, wie Orientierung, Erste Hilfe und Knotenkunde.
Das Lehrerkollegium trägt Alltagskleidung, die Schüler kommen in Kluft. Nach iranischer Gastfreundschaft wurden wir erst vom Schulleiter zu Tee und Keksen eingeladen und uns wurden viele Abzeichen und Knoten geschenkt. Anschließend ging es auf den Pausenhof, wo die Schülerschaft schon in Reih und Glied aufgestellt auf uns wartete.
Es wurden verschiedene Sprechgesänge mit passenden Klatschrhythmen vorgetragen, Tänze und Lieder präsentiert, bis zur krönenden Halstuchverleihung. Der Lehrer hat vorgesprochen, was die Schüler nachgesprochen haben, um anschließend das rote Halstuch überreicht zu bekommen. In der Schule ist die Hierarchie orange/gelb zu blau zu rot, wie unsere Reihenfolge. Die Erwachsenen tragen allerdings auch andere Farben. Uns wurde ebenfalls ein Halstuch verliehen, die Farbe durften wir aussuchen. Danach gab es noch Fotos und eine kleine Fragerunde. Die wichtigsten Fragen für die Schüler drehten sich um Abzeichen, Halstuch und Versprechen. Bevor wir die Schule verließen gab es noch Mittagessen. Dies wird vor Ort gekocht und ist auch Verpflegung für die Schüler.
Museum:
Ich habe die Gelegenheit genutzt, um mir die Privatsammlung von Mr. Bayat anzuschauen. In seinem Haus hat er ein kleines Zimmer voll mit Halstüchern, Abzeichen und Co. Zur Übersetzung wurde der Schwiegersohn geholt und ein iranischer Pfadfinder angerufen, der mittlerweile in Deutschland lebt. Auch außerhalb des Irans gibt es noch aktive Treffen von Pfadfindern.
Mr. Bayat sammelt nicht nur Gegenstände der iranischen Pfadfindergeschichte, sondern lässt sich auch Einiges aus internationalen Kreisen zuschicken. Am spannendsten war das Foto aus den Königreichzeiten, eine geschlechtergemischte Gruppe mit kurzen Outfits. Ein selbstgewebter Teppich, auf dem die Lilie prangte, und die vielen Münzen aus verschiedenen Ländern.
Fakten:
Seit 1925 hat sich die Pfadfinderbewegung im Iran entwickelt und zum Ende der 70er Jahre circa vier Millionen Mitglieder gezählt. 1979 sollte das Jamboree der WOSM im Iran ausgetragen werden, mit der islamischen Revolution in diesem Jahr änderte sich aber einiges. Das Jamboree musste spontan nach Kanada verlegt werden. Die Schulen wurden geschlossen, Erwachsene trafen sich weiterhin, aber die Mitgliederzahl sank rapide.
Auch heute unterstützt der Staat die Pfadfinderbewegung nicht, aber viele Erwachsene setzten sich für die Ideen auf den Grundlagen von Baden-Powell ein und wollen die Pfadfinderei im Iran wieder aufbauen. Mit mittlerweile wieder 150 Mitgliedern (ohne Schüler_innen) wird gerade an einem neuen Ausbildungssystem und der Wideraufnahme in die WOSM gearbeitet.
Mitreden!