Dem Wald in Deutschland geht es momentan nicht so gut. Die letzten zwei Jahre war es so trocken, dass zahlreiche Bäume als dessen direkte oder indirekte Folge starke Schäden davongetragen haben und teilweise ganz abgestorben sind. Medien und Naturschutzorganisationen sprechen bereits vom Waldsterben 2.0.
Um über das Waldsterben 2.0 zu schreiben, ist es vielleicht wichtig, erst das Waldsterben 1.0 zu erklären. Das erste Waldsterben begann in den frühen 80er Jahren. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ titelte 1981 „Saurer Regen über Deutschland – Der Wald stirbt“. Es war eine Zeit, in der die Berliner Mauer noch stand, die Menschen Musik noch auf Kassette hörten und das erste Mal dachten, dass Leggins und Schnurrbärte eine modische Bereicherung wären. Viele Dinge haben sich seitdem verändert. Manche Dinge sind zurückgekommen, wie zum Beispiel Leggins, Schnurrbärte und nun eben auch das Waldsterben. Doch die beiden Versionen des Waldsterbens unter scheiden sich grundlegend.
Um den Unterschied zu begreifen, muss man sich mit den Ursachen auseinandersetzen. Ursache für das frühere Waldsterben war damals der saure Regen. Also Regen, der durch Luftverschmutzung und Abgase so viele Schadstoffe enthielt, dass er für die Bäume schädlich wurde. Allerdings steht beziehungsweise lebt der Wald ja heute noch.
» War also der ganze Wirbel um das Waldsterben damals überzogen? «

Nein. Der Wald lebt heute noch, weil es damals ein paar sehr effektive Lösungen gab, um das Waldsterben aufzuhalten. Diese waren zwar kostenintensiv, aber relativ einfach. Es waren nämlich technische Lösungen. Man baute Rauchgasentschwefelungsanlagen in die Fabriken und Katalysatoren in die Kraftfahrzeuge ein, damit diese keine Schadstoffe mehr in die Atmosphäre freisetzen konnten. Das war zwar damals mit einem gewissen finanziellen Aufwand verbunden, aber die Menschen in Deutschland konnten im Grunde einfach so weiterleben wie vorher.
Das Waldsterben 2.0 lässt sich leider nicht so einfach lösen. Die Ursache liegt nämlich in der Freisetzung von Treibhausgasen wie etwa CO2. Und auch, wenn es schon zahlreiche Technologien gibt, die ganz ohne fossile Brennstoffe auskommen, wird ein Teil der Menschen seinen gewohnten Lebenswandel wohl trotzdem drastisch verändern müssen. Klimaforscher_innen gehen heute davon aus, dass der Klimawandel nicht mehr aufzuhalten ist. Wir können ihn lediglich in seinen Ausmaßen bremsen.
Aber warum sind so ein paar Grad mehr denn so schlimm? Der Klimawandel bedeutet nicht nur, dass es ein bisschen wärmer wird. Die Prognosen zeigen, dass Witterungsextreme wie langanhaltende Dürren oder Frostperioden zunehmen. Außerdem wird es wahrscheinlich auch mehr Starkwetterereignisse wie etwa Stürme geben. Es wird also ungemütlich da draußen. Und während wir uns bei Hitze mit einem Eis im Freibad abkühlen, bleiben die Bäume im Wald auf ihrem Standort stehen. Und das teilweise mehrere 100 Jahre.
» Wie kann der Wald geschützt werden? Indem wir ihn heute umbauen und so für die Zukunft widerstandsfähiger machen. «
Große Teile unserer heimischen Wälder bestehen heute aus gleichaltrigen Nadelbaumbeständen. Meist sind es Fichten und Kiefern, die dort stehen, wo von Natur aus Buchen wachsen würden. Diese Wälder wurden oft schon vor Generationen gepflanzt. Viele stammen aus der Nachkriegszeit des 2. Weltkrieges. Damals wurde für Reparationsleistungen und den Wiederaufbau viel Holz geschlagen und es entstanden große Kahlflächen. Diese mussten schnell wieder aufgeforstet werden. Und das ging am einfachsten mit Fichten oder Kiefern. Zumal Saatgut von Laubbaumarten oft Mangelware war. Leider sind diese gleichaltrigen und naturfernen Bestände heute besonders anfällig für Schadereignisse.
» Der Wald der Zukunft sollte arten- und strukturreich sein. «
Kein Mensch weiß heute, wie sich der Klimawandel auswirken wird. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass teilweise auch schon Buchen, die lange Zeit als klimaresistent galten, unter den Folgen der Trockenheit leiden. Daher setzen viele Förster_innen und Waldbesitzer_innen heute auf Vielfalt. Ziel sind baumartenreiche und ungleichartige Bestände. Dort, wo heute noch naturferne Reinbestände aus Fichte oder Kiefer stehen, werden in den Schatten alter Bäume bereits junge Laubbäume oder Weißtannen gepflanzt. Und dort, wo bereits alte Laubbäume wie Eichen und Buchen stehen, setzt man auf die natürliche Verjüngung.
Im Wald herrscht ein ständiger Konkurrenzkampf um Licht. Damit junge Bäume wachsen können, müssen alte Bäume weichen. Das mag paradox klingen, aber im Wald zeigt sich, dass Nutzen und Schützen miteinander vereinbar sind. Fällt man einen Baum im Wald, profitieren seine Nachbarn oder die jungen Bäume am Boden von den freiwerdenden Ressourcen. Zudem lassen sich durch den als CO²-neutral geltenden Rohstoff Holz zahlreiche klimakritische Rohstoffe wie Beton, Aluminium oder erdölbasiertes Plastik ersetzen. Und dort wo der Baum einst stand, wachsen junge Bäume nach, die wiederum Kohlenstoff aus der Atmosphäre binden.
Wie können wir als Pfadfinder_innen auf Fahrt oder Lager dem Wald gerecht werden? Die Nutzung von Holz für Zeltkonstruktionen und Lagerbauten schadet dem Wald nicht unbedingt. Dies gilt natürlich nur, wenn ihr nicht den gesamten Bestand abholzt.
» Solltet ihr einen Baum fällen, wäre es auch gut zu wissen, um welche Baumart es sich handelt. «
Es wäre wirklich schade, wenn für eure Kohte eine Elsbeere oder eine mancherorts auch seltene Weißtanne dran glauben müsste. Wenn ihr Fichten- oder Kiefernstangen nehmt, gefährdet ihr schonmal keine seltenen Arten. Sie machen fast die Hälfte unserer Bäume in Deutschland aus. Außerdem sind sie sowieso meistens besser geeignet. Sie wachsen gerade und sind dabei sowohl leicht als auch stabil.
Grundsätzlich spricht auch nichts dagegen, dass wir Lagerfeuer machen, um darauf zu kochen oder um uns daran zu wärmen. Allerdings steigt mit den längeren Trockenperioden durch den Klimawandel die Waldbrandgefahr. Wenn ihr auf Fahrt oder Lager seid, solltet ihr darauf achten, dass von eurem Feuer keine Gefahr ausgehen kann. Bei hoher Waldbrandgefahr ist es sogar klüger, das Feuer aus zu lassen oder euch eine ungefährlichere Umgebung zu suchen.
Solltet ihr mit eurer Gruppe beim Waldumbau helfen wollen, gibt es hierfür zahlreiche Anlaufstellen. Oft haben die Forstämter hierfür Ansprechpartner_innen. Auch über spezielle Projekte, wie etwa über das Bergwaldprojekt, könnt ihr euch engagieren.
Damit auch das Waldsterben 2.0 wie das Waldsterben 1.0 wirkungslos bleibt und irgendwann unbemerkt in Vergessenheit gerät.
Mitreden!