Der Begriff der Nachhaltigkeit zieht im Bund Mosaik aktuell große Kreise. Doch was, wenn man sich auch im »normalen Leben« möglichst nachhaltig und regional ernähren möchte?
Viele Stämme und Ringe versuchen auf ihren Lagern immer mehr nachhaltig zu kochen und zu leben. Das beinhaltet oft bei ansässigen Händlern und Läden regionale Produkte zu kaufen: Wurst, Käse, Obst, Gemüse und so weiter sollen möglichst bio und regional produziert worden sein. Preislich ist das natürlich nicht immer drin, aber es zählt ja bekanntlich auch der Wille. Ebenso wird versucht auf den Lagern so wenig Müll wie möglich zu hinterlassen, um die Umwelt zu schonen.
Im Vorfeld einer Fahrt setzt sich in der Regel das Küchenteam zusammen, plant das Essen und hält nach Läden nahe des Lagerplatzes Ausschau. Nach einem Lager schwelgen wir dann gerne in Erinnerungen, doch den Gedanken der Nachhaltigkeit legt manch einer in trauter Konsumgewohnheit ganz schnell wieder ab.
Warum genau das so ist, bleibt natürlich jedem Einzelnen überlassen. Doch an mangelnden Einkaufsmöglichkeiten kann es kaum liegen: Der Bioladen-Boom in den Großstädten scheint unaufhaltsam. So kann es wohl kaum sein, dass es in Großstädten wie München, Köln oder Bonn weniger regionale Lebensmittel-Läden gibt, als in irgendeinem Kaff in der Eifel. Die Supermarktkette Alnatura beispielsweise konnte ihren Umsatz innerhalb der letzten fünf Jahre, gemessen am Geschäftsjahr 2013/14, fast verdoppeln. Aber nicht nur Bio-Supermärkte verkaufen regionale Lebensmittel. Selbst Rewe und Konsorten sind auf den Trichter gekommen, Gurken und Tomaten nicht mehr nur aus Spanien einfliegen zu lassen. In seltenen Fällen kommen die Lebensmittel auch gerne mal vom Bauern nebenan.
Das Problem mit dem Müll ist so aber immer noch nicht gelöst. Für ein Lager packt man die 30 Paprika oft in einen Papp-Karton, der wird dann später verbrannt. Für den Heimweg ist für die drei bunten Exemplare aber gerade der Plastikbeutel gut genug. Natürlich, den kann man ebenso weglassen. Aber realistisch gesehen nutzt man ihn doch, wenn er da ist. Oder solange er noch da ist, denn die EU hat im Frühling eine Richtlinie verabschiedet die besagt, dass bis 2025 durchschnittlich jeder Bürger nur noch 40 dünne Kunststofftüten (bisher sind es rund 200) pro Jahr verbrauchen soll. Das wäre eine Reduzierung um ganze 80 Prozent, welcher jeder der 28 Mitgliedsstaaten seinen eigenen Anreiz geben darf, egal ob mit Gebühren, Pfand oder sogar einem Verbot.
Deutschland- und auch Europaweit eröffnen immer mehr Läden, die regionale, teilweise selbst hergestellte Lebensmittel ohne sinnlose Verpackung verkaufen. In Kiel und Berlin gibt es Geschäfte, die damit werben, unverpackte Lebensmittel zu verkaufen. Das Bonner Ehepaar Hilke und Tim Deinet machen sich mit ihrem Laden »Freikost Deinet« (http://www.freikost.de) frei davon, total unverpackt zu sein. »So ganz ohne Verpackung geht es nun mal nicht,« erklärt Tim, der sich mit seiner Frau im Mai 2014 den Traum vom eigenen Laden mit fairen und regionalen Produkten erfüllt hat. Bei meinem Besuch in ihrem Laden am Ende der Bonn-Duisdorfer Fußgängerzone erzählt Tim, der selbst mal Pfadfinder war: »Als meine Frau nach ihrem Auslandsbesuch aus Australien zurück kam, hatte sie die Idee zu dem Laden. Ich war sofort überzeugt.«
Der Laden läuft seit über einem Jahr mit Erfolg. Über mangelnde Kundschaft können sich die Zwei nicht beklagen. Mittags kommen immer wieder neue Gesichter zu ihnen, um den selbst gekochten Mittagstisch mit saisonalen Produkten aus der Region zu verspeisen. Die Tische und Stühle vor dem Freikost-Geschäft laden im Sommer aber ebenso zum ein oder anderen Kaffee oder einer Biolimonade ein. Mit dem Gedanken des nachhaltigen und regionalen Einkaufens haben die Beiden den Nerv der Zeit getroffen. Jeder kann für den Einkauf seine eigenen Behälter, egal ob Jutebeutel, Dosen oder Gläser zum Abfüllen und Verpacken der verschiedenen Artikel mitbringen. Damit aber alles seine Richtigkeit hat, wird vorher natürlich noch alles fein und sauber abgewogen.
Neben Obst und Gemüse findet sich in großen Behältern auch eine Auswahl an Ölen zum Abzapfen. Neben kleinen leeren Fläschchen beherbergen große Seifenspender, auf einem Tisch in der Mitte des Geschäfts, ökologische Waschlotionen zum Selbstabfüllen. In einem kleinen Nebenraum ist eine lange Wand mit Getreide- und Trockenfrüchte-Behältern für deren Transport Papiertüten bereit hängen. Daneben stehen in einem gekühlten Bereich die wenigen abgepackten Lebensmittel, wie Joghurt, Milch und Co. Gegenüber wartet eine Auswahl an Nudeln, die direkt vom Erzeuger kommen, auf einen neuen Besitzer. Zum Bezahlen muss man schlussendlich an der Käsetheke vorbei, bis zum frisch duftenden und selbst gebackenen Brot, wo die Besitzerin den Einkauf abrechnet.
Meine Erwartungen an Deutschlands zweiten Laden dieser Art waren klar: Da soll es ein Geschäft geben, das regionale Lebensmittel ohne Verpackung verkauft. Zwar wurde die ein oder andere naive Vorstellungen, wie, dass es ohne jegliche Verpackung gar nicht geht, bereinigt. Aber ich bin voll und ganz vom Konzept überzeugt und habe einen neuen lieblings-Tante-Emma-Laden.
Vielleicht gibt es ja bei euch in der Nähe auch einen tollen Laden, der Lebensmittel möglichst nachhaltig verpackt. Für mich ist auf jeden Fall klar, dass ich auch nach einem Lager versuchen werde, regional und nachhaltig einzukaufen.
Mitreden!