Ungefähr zehn libanesische Pfadfinder begrüssen uns herzlich in Beirut am Flughafen. Wir sind vier Rover aus den Stämmen Dumeklemmer und Hratuga. In dieser Woche Mitte März wollen wir einen Besuch von zwölf libanesischen Pfadfindern vor fast zwei Jahren in Ratingen erwidern. Bei dieser herzlichen Begrüssung in Beirut erscheint es uns, als hätten wir uns zuletzt gestern erst gesehen.
Wir fahren über eine Schnellstraße nach Norden. Die Stadtgrenze zu Jounieh, dem Stammsitz unserer Gastgebergruppe, ist nicht zu erkennen – Beirut und Jounieh gehen direkt ineinander über. Der Stamm hat drei kleine Häuser – für jede Stufe eines. Sie wurden in langer Arbeit in den Berghang am Stadtrand gebaut. Weil dort gerade wieder umgebaut wird, sind wir im Pfadfinderzentrum der »Scouts du Liban« untergebracht – eigentlich ist es eine Villa. Dort werden wir in ein umfangreiches Besuchsprogramm eingewiesen. Zum Dinner geht es dann mit mehreren Autos landeinwärts in eine rustikale Gaststätte und dort wird orientalische Küche vom Allerfeinsten aufgetischt. Da das Speisen im Libanon einen hohen Stellenwert hat, auch in der Pflege sozialer Beziehungen, dauert es recht lange. Zwischendurch kommen immer mehr Pfadfinder und Freunde, sodass nachher über 20 Personen um den Tisch sitzen.
Leckeres Thymian-Fladenbrot und Tee zum Frühstück.
Wir haben im Vorfeld beschlossen, uns voll der regionalen Küche anzuvertrauen. Das bedeutet leckeres Thymian-Fladenbrot und Tee zum Frühstück. Später fahren wir über den Küsten-Highway nach Norden über Byblos und Batroun in das Quadischa- Tal. Wir machen Halt am Bergkloster des Hl. Antoine de Qozhaya, in dessen Abtei die erste Druckerei des Vorderen Orientes entstand (1585 n. Chr.) Über Bescharre geht es zum Nationalsymbol des Libanon, den Zedern. In einem Zedernhain sehen wir vier Zedern, die mehr als 1.000 Jahre alt sind und bei einer Größe von 35 m einen Umfang von 12 bis 14 m haben. Es ist schon imposant, auch, wenn man bedenkt, dass eine 100-jährige Zeder gerade einmal mannshoch ist. Spät am Abend nach dem Essen führen uns unsere Freunde auch noch zu einer Ruine auf einem Bergvorsprung oberhalb von Jounieh, die die Pfadfinder öfters für Versprechensfeiern nutzen. Von dort hat man einen schönen Blick über die Küste bis zu den nördlichen Stadtteilen von Beirut.
Der nächste Morgen zeigt, dass die abrupte Umstellung auf die libanesische Küche für manchen von uns zu schnell war, denn Daniel fällt für heute wegen Magen-Darm-Problemen aus. Für die anderen geht es dann in die Stadt Byblos, die seit ca. 7.000 Jahren bewohnt ist. Auf dem Gelände der Zitadelle sehen wir sehr anschauliche Beispiele aus den verschiedenen Siedlungsperioden. Auf dem Rückweg stellen wir noch fest, dass es gegen 18 Uhr innerhalb von kurzer Zeit dunkel wird, eine Erfahrung, die wir in unseren Breitengeraden nicht machen. Im Laufe des Abends besuchen uns auch noch die Verantwortlichen Yara und Julien, die uns viele Fotos von ihrer Hochzeit zeigen, wodurch wir einen Einblick in die libanesischen Sitten gewinnen können. Unsere Unterkunft liegt auf 1.000 m Höhe und Jounieh auf Meereshöhe. Die Basilika von Jounieh liegt an einem Berghang auf 700 m Höhe und fasst mindestens 1.000 Personen. Sie ist neben einer Statue der Schutzheiligen von weitem zu sehen. Diesmal laufen wir den steilen und steinigen Fußweg nach Jounieh zu Fuß. Am Stadtrand kommen wir am Haus von Georgios Vater vorbei, der uns direkt zu einem Mokka einlädt. Einladungen in diesem Kulturkreis abzulehnen würde die Gastgeber sehr verärgern. Am Abend richten die Pfadfinder für uns ein Barbeque aus, bei dem sie uns im Verlauf des Abends beibringen wollen, dass man Stockbrot unbedingt mitten in die Flammen halten muss. Irgendwie haben wir das bisher immer anders gesehen.
Heute geht es nach Süden zuerst in die alte Residenzstadt Deit el Quamar. Leider ist die Besichtigung einer drusischen Moschee nicht möglich; eine sehr schöne Altstadt mit alten Häusern und Kirchen und engen verwinkelten Gassen entschädigt allerdings. Weiter geht es zum Bet el Din (Haus des Glaubens), wo ab ca. 1.800 der Emir Beschir Schehab II. einen neuen Palast als Regierungssitz von einem italienischen Architekten bauen ließ. In diesem heute als Museum eingerichteten Gebäudekomplex finden wir die teils riesigen Mosaiken aus dem Libanongebirge sowie das türkische Bad interessant. Sie lassen ahnen, wie gut es sich als Emir leben ließ. Auf der Rückfahrt kommen wir durch zentrale Stadtbezirke von Beirut, die noch nicht wieder aufgebaut sind. Erstmalig sehen wir zerstörte und ausgebrannte Häuser bzw. Einschusslöcher in den Hauswänden. Bisher haben wir nur die schöne Seite von Beirut gesehen.
Nach dem Frühstück sehen wir auf dem Laptop eine kleine Diaschau über die Jahresaktivitäten 2007 der Gruppe Sahel Alma, unseres Gastgebers. Nach dem Besuch der Tropfsteinhöhle Jeita-Grotte können wir Georgio, unserem heutigen Führer, unseren Wunsch nach Suchen eines Geocaching-Ziels näher bringen. Nach einem ordentlichen Regenschauer haben wir den Hafen schnell umrundet und in einem Feld von großen Felsbrocken auch unser Geocaching-Ziel gefunden, wobei wir darauf achten, dass Georgio der glückliche Finder ist. Im gesamten Libanon gibt es momentan nur sieben Geocaching-Ziele. Wir sind uns aber sicher, dass diese Aktivität über Georgio Einzug in die libanesische Pfadfinderei finden wird. Anschließend fahren wir in das Zentrum von Beirut. Neben der (normal großen) christlichen Kirche ist vor wenigen Jahren die große Moschee gebaut worden. Selbst unsere (christlichen) Pfadfinderfreunde glauben nicht, dass diese Größenordnung ein Zufall ist.
Wimpelträgerinnen legen den Wimpel keinen Moment ab.
Heute ist unser Abschiedstag. Vorher sehen wir noch, wie eine größere Gruppe Pfadfinderinnen der armenischen Gemeinde aus Beirut Beschlag von unserem Quartier nimmt. Deren Wimpelträgerinnen legen den Wimpel keinen Moment ab. Vor unserem Aufbruch kommen aber noch einzelne Pfadfinder zu uns, um sich zu verabschieden. Das gleiche wiederholt sich dann mit anderen Pfadfindern am Flughafen, sodass es ein lang gezogener und tränenreicher Abschied wird. Persönliche Kontakte sehen wir als wichtig an bei einem Besuch des Libanon. Die Pfadfinder der Gruppe Sahel Alma haben sich alle erdenkliche Mühe gegeben, uns einen umfassenden Einblick in die unterschiedlichen Gegenden des Landes zu geben. Bei der Qualität des Öffentlichen Nahverkehrs (fast keine Busse und Bahnen) hätten wir dies alleine nicht geschafft, zumal auch die Grenze zwischen sicheren und gefährlichen Gegenden im Libanon manchmal recht eng ist.
Mitreden!