„Das klappt vielleicht bestimmt voraussichtlich!“ –„Also Ja oder Nein?“ – „Vielleicht bestimmt!“- „Ach so, ok.“
Ich seufze. „Keep calm, hör auf so stur auf deiner Planungssicherheit zu verharren. Das wird schon klappen!“, sage ich mir. Wird’s auch. Aber nicht so, wie wir es uns vorgestellt hatten.
Zugegeben: Ich las die Mail des Bundesamtes nicht ausführlich und komplett, die darüber informierte, dass ein neues deutsch-griechisches Jugendwerk gegründet worden war. Darin stand, dass man mit hoher Wahrscheinlichkeit viele Zuschussgelder dafür bekommen könnte, wenn man eine internationale Begegnung durchführte. Diese Mail war ausschlaggebend dafür, dass sich die Stammesräte der Wildkatzen und der Sperber dazu entschieden, ihre Sommerfahrt in das Land im sonnigen Süden zu unternehmen. „Das wird so günstig, Leute!“, sagten sie. Und „Cool, wir haben noch nie ein Lager mit Pfadfinder_innen aus anderen Ländern gemacht!“ Dann begann die Planung.
Ein Teil von uns übernahm die klassische Sommerfahrtsplanung, also Anfahrt, Anmeldungen und Hajkgruppenorganisation. Zeitgleich konzentrierte sich der Rest auf die internationale Begegnung. Doch eine geeignete Partner_innengruppe zu finden, stellte sich als aufwändiger heraus, als wir das erwarteten: Wir kontaktierten deutsch-griechische Schulen, Initiativen, entfernte Bekannte in Griechenland, andere Jugendgruppen, Leute aus beiden Staatsverwaltungsapparaten. Manches wurde direkt abgelehnt oder verneint, andere antworteten nicht, wieder andere verwiesen mich von Person A zu B zu C und so weiter. Doch irgendwann, wie immer viel zu spät für meinen Geschmack, kristallisierte sich ein handfester Kontakt heraus: Dimitri, der sowohl Griechisch als auch Deutsch fließend spricht und schon ein paar Mal Jugendbegegnungen organisiert hat.
Super! Doch das war erst der erste Schritt auf dem Weg zu der internationalen Begegnung, die wir uns in die Köpfe gesetzt hatten: Etliche Mailwechsel mit Dimitri, lange Telefonate mit Rainer vom Bundesamt, Kalkulationen schreiben, Zuschüsse beantragen…
Die Schwierigkeit dabei lag in drei Faktoren: Erstens trafen sich bei der ganzen Aktion zwei Planungsteams aus zwei verschiedenen Stämmen (nämlich Sperber und Wildkatzen) und obwohl wir durchaus einen ähnlichen Fahrtenstil und Planungsstil haben, stolperten wir über die kleinen und feinen Unterschiede, die wir doch haben.
Zweitens galt es, die Anforderungen des deutsch-griechischen Jugendwerks zu berücksichtigen und die Kriterien für eine gelungene internationale Begegnung in die Tat umzusetzen, denn wir zählten darauf, dass wir die Zuschüsse bekommen würden.
Und drittens trafen zwei unterschiedliche Kulturen aufeinander: Die griechische und die deutsche. Als ich schon anfing panisch zu werden, konnte unser griechischer Counterpart bloß mit einem „Ach, das klappt bestimmt“ oder einem „Vielleicht…“ antworten. Und es wurde dann auch vielleicht. Auf das „Vielleicht“ und das „Bestimmt“ hätten wir uns wahrscheinlich nicht verlassen sollen.
Das wurde uns klar, als letztendlich keine Partnergruppe auf unserem Lagerplatz auftauchte. In dem Moment fragte ich mich kurz, in welchem falschen Film ich gelandet sei. Wo waren unsere Anstrengungen der letzten Monate? Vor meinem inneren Auge sah ich die Zahlen der Kalkulation erheblich in den Minusbereich rutschen und spürte die Enttäuschung der Teilnehmenden, die sich auf die internationale Begegnung gefreut hätten. Doch wie so häufig wischte ich mir den Schweiß von der Stirn, lächelte und traf mich zu einer kleinen Krisensitzung mit den Planungsteams.
Das „Warum?“ zu rekonstruieren oder gar Schuld zuzuweisen war sinnlos und in dem Moment irrelevant, also: Improvisation! Wir luden eine Gruppe, die auf dem benachbarten Platz unterkam, zu uns ein, tanzten, lachten, sangen zusammen. Und so klappte die internationale Begegnung dann doch irgendwie: Relaxed von der Sonne und dem täglichen Besuch am Strand gingen alle offen aufeinander zu, tauschten sich über die unterschiedlichen Fahrtenkulturen aus oder berichteten vom aufregenden Hajk in Griechenland.
Nicht nur wir Älteren erweiterten unseren Horizont dessen, was sich Pfadfinderei nennt, auch die Jüngsten unter uns freuten sich, schüchtern ihr Englisch auszuprobieren, und waren interessiert, mehr über andere Fahrtentraditionen zu erfahren. Große Gesten wie die feierliche Übergabe von Abzeichen ließen dem Ganzen einen ehrwürdigen, bedeutungsschwangeren Anklang geben, doch spätestens als die Versammelten beim Spielen der Albernheit freien Lauf ließen, war jede Förmlichkeit vergessen.
Ein halbes Jahr später: Wir sitzen immer noch an der Bearbeitung der Zuschüsse. Formblätter müssen ausgefüllt sowie Fragen nach den pädagogischen Zielen und der interkulturellen Verständigung beantwortet werden. Die Finanzen zwischen den Stämmen werden geklärt. Jede Mail, jeder Antrag gibt uns nochmal den Anstoß, an dieses trubelige Lager, den Hajk, die schöne Begegnung zu denken, aber auch die Planungszeit Revue passieren zu lassen.
Das Ganze war schon eine ziemlich harte Nuss. Applaus und Standing Ovation gehen raus an Rainer aus dem Bundesamt, ohne dessen Geduld, Gelassenheit, Ehrlichkeit, Kontakte und guten Zuspruch diese Fahrt nicht hätte stattfinden können. Und natürlich ein riesiges Danke an die Planungsteams der Sperber und Wildkatzen!
Ihr habt jetzt auch Lust, eine internationale Begegnung zu unternehmen? Cool, aber bitte merkt euch meine Worte: Macht es nicht, weil es gute Fördergelder gibt. Macht es, weil ihr tatsächliches Interesse an der Begegnung habt, weil ihr ein Konzept habt, Ziele, die ihr für euch und die Kinder erreichen wollt. Und macht es nur, wenn ihr Menschen habt, die die Möglichkeiten und Fähigkeiten haben, so etwas zu organisieren und die
wissen, worauf sie sich einlassen.
All das ist der Fall? Dann meldet euch bei Fragen gerne bei Jonas (jonas@stammsperber.de) oder Helene (heleneb@stammwildkatzen.de) oder bei einer anderen Person aus den Planungsteams.
Mitreden!