»Klimafreundliches Kochen« heißt das Motto des ASTA-Kochkurses in diesem Monat. Ich finde die Einladung am Schwarzen Brett in der Uni und fühle mich direkt an das Nachhaltigkeits-Thema in diesem haddak erinnert. Und überhaupt wird ja im Bund gerade groß darüber diskutiert: nachhaltig Kochen auf Lagern. Also melde ich mich kurzerhand an.
An dem Abend treffe ich auf 13 weitere interessierte Studenten. Die meisten Mediziner und Agrarwissenschaftler. Ein paar kannten die ASTA-Kochkurse schon, andere nutzten den Abend, um neue Leute kennen zu lernen und alle wollen erfahren, wie man klimafreundlich kocht. Gleich zum Einstieg kommt das Wesentliche: »Fleisch hat die schlechteste CO₂-Bilanz aller Lebensmittel«, erklärt die Kochlehrerin Barbara Heinze, »daher kochen wir heute natürlich ohne.« Es sind zwar nur ein paar Männer anwesend, doch die tragen die Nachricht mit Würde und halten sich an die wenigen Milchprodukte, die verarbeitet werden sollen. Auch die haben eine schlechte Klimabilanz, aber immer noch erträglicher als das Fleisch. »Am klimaneutralsten kocht man natürlich vegan oder mit möglichst wenig tierischen Produkten«, sagt Heinze. Vor allem Wiederkäuer haben einen extrem hohen CO2-Ausstoß: Pro Kilo Rindfleisch werden umgerechnet 13,3 Kilo CO2 freigesetzt. Zum Vergleich: Die gleiche Menge Mischbrot produziert 0,75 Kilo CO2, Äpfel 0,5 Kilo CO2, und Tomaten 0,2 Kilo CO2.
Wir kochen an diesem Abend ausschließlich mit Bio-Lebensmitteln. Die belasten die Böden nicht zusätzlich mit chemischen Pestiziden und helfen dabei, die Äcker nachhaltig zu bewirtschaften. Alles wurde im Bioladen um die Ecke eingekauft, der sich auf die Fahne geschrieben hat, alles regional und saisonal zu beschaffen. Das hat gleich mehrere Vorteile: Regionale Ware hat eine bessere Ökobilanz, weil sie nicht mit dem LKW quer durch Europa transportiert wurde und man unterstützt die hier ansässigen Landwirte. Vor allem für Studenten interessant: Saisonal kocht man günstiger. Was sowieso gerade Saison hat, muss nicht teuer im Gewächshaus gezogen werden und die Tomaten schmecken dreimal besser, wenn sie nicht grün gepflückt werden müssen, um rot beim Kunden einzutreffen.
Am heutigen Abend werden sieben Gerichte gekocht. Also teilen wir uns in zweier Gruppen auf und arbeiten unter fachkundiger Anleitung von Frau Heinze an den Gerichten. Ich bin in der Radieschen-Suppen-Gruppe gelandet. Wir haben vor, auch das Radieschen-Grün zu verarbeiten. Davon habe ich schon oft gehört, aber konnte mir nie vorstellen, was man damit noch Sinnvolles anstellen kann. »Wir wollen möglichst wenig wegwerfen und verarbeiten einfach alles«, lautet die Devise der Lehrerin. »Sollen 250 Gramm Sahne abgemessen werden, aber die Verpackung gibt 300 her, dann ist das kein Beinbruch. Die restlichen Zutaten lassen sich entsprechend anpassen. Hauptsache, es vergammeln nicht 50 Gramm Sahne im Kühlschrank.« Außerdem rät sie davon ab, für einzelne Gerichte teure Gewürze einzukaufen. Im Zweifel gibt man viel Geld für seltene Gewürze aus, die man dann nicht mehr nutzt. »Lasst sie einfach weg«, sagt sie.
Wir trennen das Grün von den Radieschen ab und bereiten damit den grünen Teil der Suppe zu. Die Radieschen ergeben zusammen mit Rote Bete den roten Teil. Die Rote Bete kommt vorgekocht aus der Vakuumverpackung. »Denn die hat keine Saison zur Zeit. Da kann man ruhig auf Einmach- oder Tiefkühlware zurückgreifen«, sagt Heinze. Später kippen wir die rote und grüne Suppe gleichzeitig in den Teller und erhalten ein lustiges Farbenspiel. Die anderen Gruppen arbeiten an fantastischen Couscous-Salaten, Frittatas und Rote Bete Quiches. Alles schmeckt grandios und wird mit Rhabarber Crumble abgerundet. Während wir uns durch die biologisch-nachhaltigen Köstlichkeiten schlemmen und über unsere Ökobilanz philosophieren, vergessen wir völlig, dass es kein Fleisch gab.
Das Thema holt mich auch am nächsten Tag in der Vorlesung wieder ein: »Nur noch sieben Prozent des brasilianischen Regenwaldes sind noch erhalten, weil alles für die Zuckerrohrplantagen abgeholzt wurde«, erklärt der Prof. Und es wird nicht besser. In Südamerika wird derzeit noch viel mehr Wald gerodet, um dort Soja anbauen zu können. »Damit sie ein schönes saftiges Steak auf dem Teller haben.« Schlagartig ist Stille im Hörsaal. Der Südamerikanische Regenwald beherbergt die größte Artenvielfalt auf der gesamten Welt. Und alles wird für den Grillabend am Samstag niedergebrannt.
Ich werde zukünftig mal einen Maiskolben auf den Grill legen.
Mitreden!