Könnt ihr euch vorstellen, warum wir uns ausgerechnet euch beide ausgesucht haben, um etwas zum Thema »Mutig sein!« zu sagen? Welche mutige Entscheidung habt ihr getroffen?
Saskia: Ich habe nach 12 Jahren meinen Job hingeschmissen, um studieren zu gehen. Ich habe als Industriekauffrau bei einem großen Chemieunternehmen gearbeitet und habe mich in meinem Job nicht richtig ausgefüllt gefühlt und hatte immer das Gefühl das ich noch was machen möchte. Ich habe während ich gearbeitet habe am Abendgymnasium mein Abitur nachgeholt und wollte studieren gehen. Und das mache ich jetzt auch: ich studiere in Bonn an der Uni Biologie.
Crissy: Ich denke mal, dass es bei mir darum geht, dass ich mein Studium und meine Arbeit hingeschmissen habe und im August eine Ausbildung anfange. Ich habe Agrarwissenschaften in Bonn studiert – und zwar drei Jahre lang – und habe fünf Jahre in einem Chemieunternehmen gearbeitet. Ich hab beides hingeschmissen und mache seit Dezember für ein halbes Jahr ein Praktikum in einer Kita, Vollzeit die natürlich nicht bezahlt wird. Ab August fange ich dann eine duale Ausbildung an, die den praktischen und schulischen Teil der Erzieherinnenausbildung kombiniert.
Wie schwer sind euch diese Entscheidungen gefallen?
Saskia: Mir ist es sehr schwer gefallen und es hat sich über viele Jahre hingezogen, dass ich immer wieder die Idee hatte studieren zu gehen und mich nicht getraut habe. Wegen dem festen Gehalt, was nicht schlecht war, einer Wohnung und weil man bereit sein musste mit weniger Geld auszukommen. Und noch ein Studium anzufangen bei dem man gar nicht weiß ob es überhaupt gut geht.
Crissy: Ich hab quasi 2,5 Jahre darüber nachgedacht und hab mich nicht getraut, weil ich einen festen Job hatte bei dem ich später hätte übernommen werden können. Und wenn man so ein Studium abbricht und eine Ausbildung anfängt, obwohl man Abitur hat, habe ich damit gerechnet dass die Leute um mich herum das nicht so gut aufnehmen und sich über mich lustig machen. Und natürlich mit dem Finanziellen.
Was genau war das schwierige an der Entscheidung, weil diese bei euch ja so lange gedauert hat?
Saskia: Das finanzielle ist ein großer Aspekt, was einen am meisten davon zurückhält aber auch weil man das von der Gesellschaft eingeredet bekommt. »Die armen Studenten« man macht sich ja dann auch selber so einen Kopf obwohl das ja gar nicht stimmt. Was bei mir auch noch eine Rolle gespielt hat war ob ich damit klar komme nicht mehr so einen geregelten Tagesablauf zu haben, also von 8-16 Uhr zu arbeiten und dann immer zu wissen wo man gerade ist und wo man hin muss. In der Uni ist das ja nicht so da läufst du vom einen Institut zum nächsten und hast jeden Tag andere Veranstaltungen.
Crissy: Bei mir war es auch das finanzielle. Ich muss quasi ein halbes Jahr von meinem ersparten leben, obwohl mir das nicht so schwer fällt. Ich wohne alleine in einer Wohnung über der Wohnung von meinen Eltern, die diesen aber gehört. Ich muss also keine Miete abdrücken. Und mir kam es immer so vor das von der Gesellschaft vorgegeben wird: wenn man Abitur hat sollte man studieren und viel Geld verdienen.
Wie wurde von der Gesellschaft auf euch Druck ausgeübt oder wurde Druck von konkreten Personen ausgeübt?
Saskia: Ich hab festgestellt ich habe mir nur ausgemalt, dass die Leute sehr entsetzt sein könnten, das ich kündige. In dieses arme Studentenleben gehe. Da ist aber eher das Gegenteil eingetreten: die meisten Leute haben mir gesagt das sie das total mutig finden und cool was ich mache. Und dann ist mir klar geworden, das es gar nicht so war, dass die Leute entsetzt sein könnten. Ich glaube ich habe in meiner Umgebung wahrgenommen, dass die Leute in meiner Umgebung einem geregelten Leben nachgegangen sind und dann hatte ich die Idee, dass es bei allen so sein muss, dass man einmal einen Beruf erlernt und dann darin arbeitet bis zur Rente und das es so sein soll.
Crissy: Ich hatte Angst meine Eltern, meine Familie zu enttäuschen. Ich hatte Angst, dass meine Freunde und alle das nicht so gut aufnehmen und das als Versagen ansehen. Es hat sich aber rausgestellt, dass alle das gut finden und schon immer dachten dass ich das mache.
Es hat sich aber rausgestellt, dass alle das gut finden und schon immer dachten dass ich das mache.
Habt ihr ein Beispiel von einer Person bei der ihr dachtet sie würde heftig darauf reagieren, deren Reaktion euch dann aber überrascht hat?
Crissy: Bei mir war das mein Papa. Ich hab mich seit September nicht getraut ihm zu sagen, dass ich ein Praktikum mache. Das waren 4 Monate in denen ich ihm das nicht gesagt habe. Und dann hat meine Mutter sich verplappert und dann war ich erst mal geschockt und dachte jetzt geht die Welt unter, weil ich am nächsten Tag mit meinem Vater verabredet war. Und dann hatte ich auf einmal einen Anruf in Abwesenheit von meinem Vater und dann dachte ich »Okay, rufst du ihn mal zurück.« Und er sagte dann »So dann erzähl mal.« Ich dachte mir so »Oh Mist!« Dann habe ich es ihm erzählt und er sagte dann fünf Minuten lang nichts, obwohl er ein eher impulsiverer Mensch ist. Mein Vater will, dass wir später mal ein gutes Leben haben und macht sich deshalb immer sorgen. Dann meinte er »Ja das ist sowieso viel besser für dich. Ich glaub das ist genau das richtige für dich. Auch mit den Pfadfindern und mit den Kindergruppen die du bereits betreut hast, ich glaube darin gehst du auf. Ich unterstütz dich dabei«. Das war schon krass, vor der Situation hatte ich totalen Bammel!
Saskia: Mein Vater wusste schon ganz lange, dass ich unzufrieden bin auf der Arbeit und er hat dann all die Jahre davor gesagt »Das hat man mal, das renkt sich schon wieder ein.« Dann hab ich halt auch gedacht, dass wenn ich ihm das sage, das er dann auch schockiert ist, aber dann hat er das ziemlich gut aufgenommen und sagte das er das total cool findet, das ich da noch was neues mache und hat von da an auch immer gefragt »Wann hörst du denn jetzt endlich auf und wann geht’s endlich los?«. Das fand ich cool, das er das direkt unterstützt hat und er

wollte auch die Studiengebühren bezahlen und so. Total cool, aber was mich am allermeisten überrascht hat war als ich zur Fachberatung gegangen bin an der Uni, da hab ich gedacht die haben gar keinen Bock auf Leute die schon jahrelang gearbeitet haben und gar keine Ahnung haben vom Uni-Leben und wie das alles läuft mit den Kursen und so. Doch die Frau war mega nett, die hat mir alles erklärt wie ich das wählen muss und die Kurse zusammenstellen muss. Dann hat sie erzählt, dass sie auch selber erst einen Beruf erlernt hat und dann später studieren gegangen ist. Da hab ich direkt nette Menschen kennengelernt.
Was war das was euch konkret in eurem früheren Leben gestört hat?
Crissy: In meinem Job hatte ich gute Aufgaben, war selbstständig und hatte Anerkennung. Das einzige was mir richtig Spaß gemacht hat war mit den Leuten zusammenzuarbeiten: wir haben so viel gelacht und hatten eine Menge Spaß. Nur leider war der Job so langweilig da dachte ich mir ich kann ja nicht irgendwo arbeiten nur weil die Leute cool sind. Die waren auch alle älter als ich und wenn die dann mal in Rente gehen und mit irgendwelchen Leuten zusammensitze die total öde sind und keinen Bock auf einen haben dann macht mir das ja überhaupt keinen Spaß mehr. Das war halt ein Bürojob und die sind nichts für mich. Ich arbeite lieber mit Kindern, mit Menschen oder mit Tieren. Das Studium war mega interessant, aber wenn man weiß das was anderes für einen interessanter ist.
Saskia: Meinen Job fand ich kaum anspruchsvoll. Ich saß den ganzen Tag im Büro und hab irgendwelche Zahlen eingetippt. Ich habe da viel zu wenig nachdenken müssen. Das hat mich gestört, ich hatte immer das Gefühl ich will noch was rausfinden, was erforschen oder so. Ich hatte auch keinen Bock mehr den ganzen Tag drinnen zu sitzen und einfach nur die Wand anzustarren bei schlechter Luft. Ich bin am Ende des Tages nach Hause gegangen und hab gedacht ich hätte nix gearbeitet. Meine Funktion als Betriebsrätin war das was ich mir schon eher vorstellen konnte, aber ich hätte dann gerne auch als freigestellte Betriebsrätin gearbeitet. Das nebenbei zu machen war mir da nicht genug. Nur da dort keine Chance war da in nächster Zeit reinzurutschen hatte ich auch keine Lust in meinem Büro zu versauern.
Hat es auch zur Entscheidungsfindung beigetragen, dass ihr beide in der Chemiebranche tätig ward, doch privat sehr an Naturschutz interessiert seid?
Saskia: Was auch noch dazu kam war das ich gemerkt habe das ich mehr diese Naturschutzsache gut finde und es mir immer mehr zuwider war in einer Chemiefirma zu arbeiten. Das war mir nachher richtig unangenehm. Ich hab in meiner Ernährung darauf geachtet und dachte mir »Ich boykottiere die Produkte meines Unternehmens« und kam zu dem Schluss dass ich in der falschen Firma war.
Crissy: Ich hab Gott sei Dank in der Umweltschutzabteilung gearbeitet. Ich bin auch im Naturschutz aktiv aber da konnte ich wenigstens das sagen. Ich habe länger schon darüber nachgedacht ob ich überhaupt für dieses Unternehmen arbeiten möchte. Das später mal zu unterstützen, da hätte ich keinen Bock drauf gehabt!
Saskia: Später haben mir ganz viele Freunde gesagt: »Du hast doch eh immer nur von der Rettung der Bienen und Bio-Essen geredet, es war klar dass du das irgendwann studierst.«
Hat sich das Gefühl, dass das Studium nicht das ist was dich erfüllt bei dir entwickelt, oder war es dir von vorn herein klar, Crissy?
Crissy: Es hat sich immer stärker entwickelt. Auch für jemanden der in Naturschutz interessiert ist, ist das total interessant. Ich hatte immer gesagt entweder ich mache was im Bereich Umwelt/Naturschutz/Agrar oder was in Richtung Pädagogik. Aber dann hat sich doch mehr herausgestellt dass das pädagogische sinniger wäre, weil es das ganze Leben mit mir schwingt.
Was war die Situation in der ihr die konkrete Entscheidung getroffen habt?
Saskia: Ich habe eine Freundin in Berlin besucht, die grade dabei war ihre Sachen zu packen und drei Jahre beruflich nach Afrika zu ziehen. Das fand ich mutig und das hab ich ihr auch gesagt. Und dann sagte sie »Was ist eigentlich mit dir, du wolltest doch immer Biologie studieren?« Dann haben wir da eine Nacht lang drüber gesprochen und als ich dann nach Hause gefahren bin war mir klar, dass ich das auch durchziehen muss. Da hab ich das entschieden, da ging es nur noch um die Umsetzung. Da hat sie mir noch ganz viele Tipps gegeben wie ich

an Kohle kommen kann. 3 Monate später hab ich ihr geschrieben »Susi ich hab mich an der Uni beworben und auf ein Stipendium beworben.« Da sagte sie »Das ist ja total krass« und dann hab ich es auch durchgezogen.
Crissy: Ich kann nur sagen, was mich dazu gebracht hat, dass ich mich endlich traue. Das war das Bundesführungsforum, unser erster Kontakt zum DPBM. Das war bei einem bestimmten Seminar mit Rüdiger Jungbluth. Da haben wir über den Sinn des Lebens geredet. Da ging es auch darum ob man im Beruf erfüllt ist und ob es wichtiger ist viel Geld zu verdienen oder glücklich im Beruf zu sein. Das einen der Beruf erfüllt kam für mich dabei raus. Da kam mir der Gedanke schon wieder hoch, das war echt unterbewusst die ganze Zeit da. Ich hatte drei Jahre lang Schlafstörungen, und da wurde mir bewusst »Verdammt, du wolltest schon immer Erzieherin werden und hast es nicht gemacht.« Dann habe ich auf dem Bundesführungsforum auch noch mit jemandem aus Bayern drüber gesprochen. So bin ich zu der Entscheidung gekommen, dass ich mir ordentlich Gedanken machen muss das ich was an meinem Leben ändern sollte.
Da haben wir über den Sinn des Lebens geredet.
Saskia: Bei mir war das auch so dass ich mir gedacht habe dass ich bereit wäre weniger zu verdienen wenn ich dafür glücklicher wäre. Wenn man an dem Punkt ist ist man auch bereit was Neues anzufangen.
Habt ihr eine Idee wo die Gedanken herkommen, dass man viel Geld verdienen muss? Schließlich seid ihr mit den Gedanken ja nicht auf die Welt gekommen!
Crissy: Das man abgesichert ist und gutes Geld verdient und seiner Familie was bieten kann.
Saskia: Es ist ja auch sorgenfreier mit viel Geld. Du kannst jeden Tag essen gehen und ins Kino. Du musst dir keine Gedanken machen wie viel du noch auf deinem Konto hast.
Crissy: Ich finde das schwierig durch die Leute mit denen ich mein Abitur gemacht habe. Die wussten immer ganz genau was die machen. Geld spielte für die immer eine riesige Rolle. »Dann gehe ich halt nach Shanghai.« Und so weiter. Auch wenn wir uns später nochmal getroffen haben haben die nur davon geredet. Das wird einem durch die Leute die um einen herum sind vorgelebt. Bei uns ist das ja auch so, dass mein Papa was gelernt hat was ihm keinen Spaß gemacht hat, aber da hat er richtig Kohle verdient und wusste das er abgesichert ist und seiner Familie was bieten kann. Ich glaube daher kommt das. Das wird auch immer heftiger das Geld so eine enorme Rolle spielt.
Saskia: Wir leben in einer Überflussgesellschaft, in der Statussymbole zeigen, das du was bist wenn du dir das leisten kannst. Es ist gar nicht möglich das jemand mit dem Minimalen leben möchte. Da ist der gesellschaftliche Druck dahinter.
Glaubt ihr das Leute die nicht so viel Geld haben von der Gesellschaft stigmatisiert sind?
Crissy: Das kommt einem glaube ich nur so vor.
Saskia: Stigmatisiert vielleicht nicht so direkt aber wenn man schon mal so hört »Dieses Jahr können wir nicht in den Urlaub fahren, weil wir kein Geld haben« dann bemitleidet man das schon.
Crissy: Ich glaube das ist weil die meisten Menschen denken das man glücklicher ist wenn man mehr verdient. Das ist in den Köpfen drin, warum weiss ich auch nicht. »Wenn man mehr verdient kann man sich mehr leisten und ist glücklicher.« Das man sein ganzes Leben acht, neun Stunden am Tag mit diesem Beruf verbringt und wenn man da nicht glücklich ist depressiv wird oder unglücklich mit seinem Leben wird, darüber denkt man gar nicht nach. Am Ende des Monats hat man schließlich viel Geld und dann kann man in den paar Stunden die man Freizeit hat ja was Schönes unternehmen.
Saskia: Also zu mir haben auch ein paar Leute gesagt »Gehst du jetzt studieren damit du danach mehr Geld verdienst?« Dann hab ich gesagt »Nee, es kann sogar gut sein, das ich danach weniger verdiene!« Und das konnten sie dann gar nicht nachvollziehen das jemand bereit ist seinen Job hinzulegen dafür, das man später weniger verdient. Es geht in der Gesellschaft immer nur darum mehr zu verdienen.
Crissy: Konsumgesellschaft.
Würdet ihr sagen dass diese von euch beschriebene »Konsumgesellschaft« auch in den Pfadfindern verwurzelt ist? Schließlich sagt man ja immer die Pfadfinder sind ein Querschnitt durch die Gesellschaft!
Crissy: Auf dem Bundesführungsforum ist mir aufgefallen dass da ganz viele Leute sind, die genau den Berufen nachgehen auf die sie Bock haben und das denen egal ist wie viel sie verdienen. Die machen einfach das was sie erfüllt. Wenn man bei den Pfadfindern ist weiß man auch das man mit wenig Leben kann und wie gut das tut mal ein Wochenende auf Fahrt zu gehen und dort mit wenig zurecht zu kommen.
Saskia: Ich hab vorher überlegt wie viele Leute ich kenne die mal was ganz neues angefangen haben. Und die meisten die mir eingefallen sind, sind Pfadfinder.
Warum sind Pfadfinder die mutigeren Menschen?
Warum sind Pfadfinder die mutigeren Menschen?
Saskia: Vielleicht weil du auch wenn du auf Fahrt bist manchmal nicht weißt was am nächsten Tag ist. Aber das macht dir ja gar keine Angst. Vielleicht ist man da ein bisschen mutiger wenn man so lebt wie wir.
Vermittelt die Pfadfinderei, das man auch wenn man nur in den Tag hineinlebt ein erfülltes Leben haben kann?
Saskia: Nein, eine gewisse Struktur haben wir ja schon. Ich glaube, dass du als Pfadfinder bereiter bist etwas zu wagen, etwas auszuprobieren auch wenn du manchmal nicht weißt wie es ausgehen wird. Und du wirst selbst wenn es nicht funktioniert von der Gemeinschaft getragen wirst. Das gibt dir vielleicht auch in deinem beruflichen Leben in deinem Hinterstübchen die Gewissheit das es okay ist was zu versuchen auch wenn es schief geht.
Wie werdet ihr von der pfadfinderischen Gemeinschaft getragen?
Saskia: Grundsätzlich wird ja erst mal jeder so akzeptiert wie er ist. Das ist ja schon eine Form des Tragens.
Crissy: Du wirst auf jeden Fall so genommen wie du bist und da wird keiner ausgeschlossen. Das ist im normalen Leben mit Leuten die man kennt ist das Alltag das die Leute die gegen den Strom schwimmen Außenseiter sind oder sich über die lustig gemacht wird. Bei den Pfadfindern ist das anders weil man sich respektiert.
Gibt es bei den Pfadfindern tendenziell mehr Querdenker als üblich in der Gesellschaft, und wenn ja liegt das daran, dass die Pfadfinderei ein gewisses Klientel von Menschen anzieht oder entsteht das durch die pfadfinderische Erziehung?
Crissy: Durch die Erziehung. Ich glaube das man sich als Pfadfinder viel mehr Gedanken macht was einen glücklich macht.
Saskia: Sehe ich auch so.
Crissy: Weil man sich viel mehr mit sich selbst beschäftigt. Wenn ich in meinem Umfeld die Leute sehe die den ganzen Tag am Handy hängen. Und wir gehen am Wochenende auf Fahrt oder eine Woche auf Fahrt und haben dieses Handy aus und sind nur mit unserem Stamm unterwegs und beschäftigen uns mit denen und mit der Natur und das reicht uns schon um glücklich zu sein. Wir haben keinen Fernseher kein Internet kein Handy, das brauchen wir nicht. Wir haben einfache Mittel um glücklich zu sein.
Saskia: Ich glaub auch nicht dass wir ein Sammelbecken für Querdenker sind sondern dass es daraus entsteht.
Hat euch die Pfadfinderei dabei geholfen ein glücklicherer Mensch zu sein?
Saskia: Die Pfadfinder haben mich selbstbewusster gemacht, weil ich denke wie ich früher war da war ich nicht so selbstbewusst. Das habe ich glaube ich nur den Pfadfindern zu verdanken. Ich bin seit ca. 10 Jahren wieder richtig aktiv im Stamm, aber als ich so 14 Jahre alt war, war ich nicht so selbstbewusst wie heute. Das mag auch mit dem Alter zusammenhängen, aber wenn man gezwungen ist mal seine Meinung zu sagen oder sein Können einzusetzen dann hilft einem das schon weiter.
Crissy: Ich kann definitiv sagen, dass die Pfadfinderei mich zu einem glücklicheren Menschen gemacht hat, weil seit wir mit diesem Gedanken gespielt haben einen Stamm zu gründen und in den DPBM einzutreten geht es mir von Monat zu Monat besser. Ich hab heute noch darüber nachgedacht, dass ich mich seit 2010 total verändert habe und versucht habe wieder der Mensch zu werden der ich früher war. Und ich bin auf einem verdammt guten Weg. Vor 2010 war ich sehr positiv und habe mich nicht von irgendwelchen Sachen runterziehen lassen, war selbstbewusst und zufrieden mit meinem Leben. Durch ein paar Sachen hat sich das echt geändert, aber mittlerweile kann ich sagen durch diese Entscheidung und das pfadfinderische Denken glaube ich, das ich auf einem Guten Weg bin.
Saskia: Mich würde mal interessieren ob das auch gesundheitliche Auswirkungen auf dich hatte?
Crissy: Seit ich diese Entscheidung getroffen habe kann ich wieder gut schlafen!
Saskia: Ja ich hatte jahrelang Nackenschmerzen, seit dem Tag an dem ich die Kündigung abgegeben habe sind die wie weggeblasen.
Warum findet ihr beide euch in dem »Gelegenheit macht Hiebe« Text wieder?
Saskia: Sinngemäß hast du ja geschrieben dass man was Neues wagen soll und offen sein soll für neue Wege. Ich hatte selber das Gefühl, das ich einen neuen Weg gehe, und als ich deinen Text gelesen habe habe ich mir gedacht »Ja das hast du ja genau so gemacht.«. Deshalb fand ich deinen Text so positiv und denke mir es sollten viel mehr Menschen das tun was sie wirklich tun wollen. Nicht nur aus einer Verpflichtung heraus was tun. Sei es weil andere Leute etwas von ihnen erwarten oder weil sie denken das andere Leute etwas von ihnen erwarten. In unserem Fall war es ja so, dass wir es uns nur ausgemalt haben, das andere schlecht von uns denken, es gibt aber sicher auch Fälle wo die Eltern das nicht Befürworten wenn man so eine Entscheidung trifft.
Crissy: Ich finde jeder Mensch sollte das tun was ihn glücklich macht. Es ist egal was andere von einem erwarten oder ob man abgesichert ist. Man soll das machen was einen glücklich macht weil man höchstwahrscheinlich nur einmal lebt und da sollte man das Beste draus machen. Da die Arbeiten einen großen Teil unseres Lebens einnimmt – ich hab immer das Gefühl man arbeitet nur darauf hinaus
…das Wochenende ist…
Saskia: …das Urlaub ist…
Crissy: … das man irgendwann in Rente geht. Und das ist ja nicht der Sinn des Lebens, das man darauf wartet irgendwann in Rente zu gehen. Egal was einen erfüllt man soll das einfach machen. Ich finde es sehr gut das wir über sowas persönliches Reden, vielleicht bringt das ja den ein oder anderen dazu nachzudenken und was Neues zu wagen.
Möchtet ihr den Leuten noch abschließend irgendwas mitgeben, die dieses Interview lesen?
Crissy: Traut euch glücklich zu werden!
Saskia: Das find ich gut. »Das Streben nach Glück« den Film fand ich auch gut. Dass man mutig sein muss dafür zu kämpfen was einen glücklich macht. Ich habe mir aber natürlich auch Gedanken gemacht was der Leser mitnehmen soll aus der ganzen Geschichte. Ich würde schon davor warnen sowas unüberlegt zu tun nur weil man gerade mal zwei, drei Wochen unglücklich ist. Direkt die Reißleine zu ziehen und zu sagen »Ich schmeiß jetzt alles hin« das fänd ich gefährlich. Ich hab auch erst gekündigt als ich wusste dass ich ein Stipendium kriege. So ein bisschen Sicherheit ist schon auch gut und das man sich das auch gut überlegt.
Eine gute Entscheidung sollte also viel Zeit zum Reifen bekommen!
Saskia: Ja, vielleicht nicht so viel Zeit wie bei uns Beiden.
Crissy: Auf der anderen Seite sollte man sich auch nicht zu viele Gedanken machen. Ich hab immer über alle nachgedacht was die Leute sagen werden und ob sie sich über mich lustig machen werden. Das ist ja mein Leben. Alle sollen das machen was sie wollen, aber das ist mein Leben und dafür hab ich mich auch nicht zu rechtfertigen: denn ich mache das was ich möchte!
Saskia: Und wenn man so eine Entscheidung trifft soll man in sich reinhören und wenn sich das richtig anfühlt dann war das genau richtig!
Mitreden!