Nichts! Wenn man sie besingt ist sie für alle kostenlos – aber nicht umsonst. Im letzten Heft haben wir uns gemeinsam auf die Spuren der Lieder in Europa begeben, die wir abends zusammen in unseren Zelten singen. Wo liegen die Sehnsuchtsorte und wo spielen die Geschichten, die die Texte erzählen? Sicherlich werden Irland und der Wilde Osten nicht so bald als meist besungene Locations abgelöst werden. Doch zeigt der Blick auf die Weltkarte, dass es noch viele Liederschätze zu bergen gibt. In der zweiten Folge der Geographie der Lieder geht es um Beiträge vergangener Bundessingefeste, mit denen Stämme aufgetreten sind und mit denen sich der Bund einmal über alle Kontinente musiziert hat. Der Blick in die alten Listen hat so manche Schätzchen zutage befördert – auch am Bund Mosaik sind die Neunziger nicht spurlos vorbeigegangen. So findet man Hits wie »Der Mann im Mond« oder »Suleiman« von den Prinzen ebenso wie den ewigen Klassiker »The Lion Sleeps Tonight « – ja, das wurde schon gesungen! Die aus den mehr als 100 aufgeführten Busife-Liedern ausgesuchten Beispiele sind schon weit gereist und viele sind mehr als nur »schön«. Sie haben manchmal eine Geschichte, die man so gar nicht vermutet hätte.
Am Gringopass, Sperber, 14. Busife 2002
Hier mal eins nach dem anderen. »Denver im Blizzard…« meint schlicht, dass über der amerikanischen Stadt Denver ein schwerer Schneesturm weht. »Taos Pueblo deine Kirschbäume* blühn…« Taos Pueblo ist eine der ältesten Städte Nordamerikas, tausend Jahre alt und liegt zwischen Denver und Santa Fe in New Mexico. »Cochise und Geronimo leben noch heut…« Beide Männer waren indianische Kriegshäuptlinge und wichtige Personen im Freiheitskampf gegen die Amerikaner um 1860. Von beiden gibt es mehrere Fotos. Der Ausruf »Geronimo!« steht noch heute für Freiheit und den Kampf der Indianer gegen amerikanische Vorherrschaft. Kandelaberkakteen sind Kakteen, die mit ihren Armen wie Kerzenständer aussehen; das wiegend schreitende und fein lächelnde Indiomädchen ist wohl eher ein Trugbild im heißen Wüstensand. »Mexikos Strand« kann entweder am Golf von Mexico oder am Pazifik sein. Das Lied wurde vom Zugvogel Hein (Heiner Kröher) nach einem Shanty geschrieben. Wer eine Erklärung für die blühenden Kirschbäume der Stadt Taos Pueblo hat, melde sich bitte bei redaktion@haddak.de.
Señora Chichera, Graf Luckner, 12. Busife 2000
Dieses Lied ist von der Musikgruppe Inti-Illimani aus Chile, die 1967 von Studenten gegründet wurde und Teil der Neo-Folklore-Bewegung ist. Der Name bedeutet »Sonne-Illimani« auf Quechua. Ihr Schaffen orientierte sich musikalisch an der Folklore der südamerikanischen Länder (insbesondere der Folklore der Anden), inhaltlich positionierten sie sich klar links und unterstützten Wahlkampf und Regierung des Sozialisten Salvador Allende. Während des Militärputsches im Jahr 1973 befand sich Inti-Illimani auf einer Italien- Tournee, den Mitgliedern wurde die Wiedereinreise verweigert. Bis 1989 blieb die Gruppe im italienischen Exil, in dieser Zeit erlangte sie durch viele Tourneen und die Solidaritätsbewegung mit Chile weltweit einen hohen Bekanntheitsgrad.
Suleiman, Wikinger, 7. Busife 1995
Suleiman ist ein Lied von der Band Die Prinzen, die, falls diese begnadete Gruppe bereits in Vergessenheit geraten ist, 1987 in Leipzig (damals DDR) gegründet und in den 90ern bundesweit bekannt wurde. Mit diesem ironisch-kritischen Lied betrieben die Prinzen das, was man heute Kapitalismus- oder Globalisierungskritik nennen würde: Sultan Suleiman wohnt auf seiner Insel, zu der ein Schiff kommt, das mit Zigaretten, Nietenhosen und Videofilmen beladen ist. Die letzten Zeilen des Liedes sind: »Doch schon am nächsten Morgen / beim ersten Tageslicht / Heyakahoa Suleiman! / sieht Suleiman die Ware an und sagt: / »Ich mag es nicht!« / Heyakahoa Suleimann!« Person und Ort sind, wie man sich denken kann, fiktiv.
Moskauer Nächte, Graf Luckner, 5. Busife 1993
(russ. Подмосковные вечера, Transkription: Podmoskownyje Wetschera) ist ursprünglich ein russisches Lied und eine der bekanntesten russischen Melodien in Deutschland. Komponiert wurde es 1955 als Leningrader Nächte von Wassili Solowjow-Sedoi und dem Texter Michail Matusowski als Auftragsproduktion des sowjetischen Kulturministeriums. Es beschreibt in romantisch-patriotischem Ton einen schönen Abend in einem Park am Fluss. Wegen der typisch russisch klingenden Melodie wird der Song häufig für ein traditionelles Volkslied gehalten. In Deutschland wurde das Lied in der Schlagerwelle der 60er und 70er Jahre unter anderem durch den allseits beliebten Gotthilf Fischer bekannt.
Pata Pata, Raubvögel, 10. Busife 1998 Mbube (The Lion Sleeps Tonight), Maximilian Bayer, 11. Busife 1999
Beide Lieder sind von Miriam Makeba. Sie, die auch Mama Africa genannt wurde, ist eine südafrikanische Sängerin und eine Vertreterin der Weltmusik. Sie kämpfte gegen die damalige Apartheid- Politik Südafrikas und setzte sich für die Menschenrechte ein. Pata Pata ist eines ihrer bekanntesten Lieder aus dem Jahr 1967. Es ist in der Sprache Xhosa geschrieben. Dieses Lied schaffte es in die US-amerikanischen Charts und Miriam Makeba wurde weltbekannt. Sie erhielt Friedenspreise und den Nobelpreis für Musik.
Botany Bay, Wildkatzen, 8. Busife 1996
Die Botany Bay ist eine große Bucht im heutigen Stadtgebiet Sydneys, Australien. 1770 wurde sie der Ort der ersten Landung der Briten in Australien durch James Cook. Das Lied »Botany Bay« ist Teil eines Komödien- Musicals namens »Little Jack Shepard«, das 1885 in England und 1886 in Australien das erste Mal aufgeführt wurde. Das Lied beschreibt, wie im 18. und 19. Jh. britische Sträflinge in die australischen Kolonien verschifft wurden, anstatt ins britische Gefängnis zu kommen. Außerdem werden die schlechten Bedingungen auf den Schiffen beschrieben und schließlich werden die Jungen und Mädchen gewarnt, nicht zu stehlen, um sich dieses Schicksal zu ersparen. Das Lied wurde ein beliebtes Volkslied, das in Australien wie in England und Irland bis heute gesungen wird.
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