Kurz bevor wir nach Montenegro aufgebrochen sind, rief mein Freund Armin vom Stamm Roter Milan, an. Bei ihm waren einige Leute aus der Fahrtengruppe abgesprungen. Er fragte nach, ob wir unsere Fahrtengruppen vereinigen könnten. Bislang waren aus meinem Stamm Monte Veritá lediglich Ältere dabei, bei den Jungs vom Roten Milan allerdings zwei Sipplinge. Doch wir sahen das für uns als neuen Stamm als große Chance, um zu lernen, mit Kindern auf Fahrt zu gehen und sagten ja.
Es war ein voller Erfolg. Wir wurden sehr schnell zu einer Einheit, bei der für Außenstehende schwer zu erkennen war, wer jetzt zu wem gehörte. Ich denke wir »alten Säcke« konnten von den Jungen profitieren, und genauso konnten die Jungen von uns »alten Säcken« profitieren. Wir hatten einige Momente auf unserer Großfahrt, die uns wahrscheinlich noch lange im Kopf

bleiben und die wir bestimmt noch am Lagerfeuer mal zum Besten geben werden. Das spontane Hagel-Gewitter im Biogradska Gora, der nächtliche Angriff eines Eichhörnchens, die Rettung von Straßenhund Herbert, die Brücke mit der ich in die Tara gefallen bin, der ausgelöste Feuerwehreinsatz, der aufdringliche Park Ranger, die schimpfende Oma, […] und das waren nur ein paar der Highlights von denen ich zumindest noch in 20 Jahren erzählen werde.
Unsere Sommerfahrt bot die Chance sich und die Leute um sich herum intensiv, ungeschminkt und drei Wochen lang kennenzulernen. Da fallen schon mal Hüllen, da werden auch Eigenschaften freigelegt die man so am Anderen noch nicht kannte. Doch schließlich rückt man dabei noch enger zusammen. Ich habe beispielsweise Dresen seitdem nicht mehr wiedergesehen. Doch ich weiß, dass wir uns sofort kaputt lachen und rumfeixen werden, wenn wir uns das nächste Mal wiedersehen.
Ein besonders schöner Moment für mich war folgender: Ich musste das Wochenende vor dem Bundeslager nach Hause fliegen, um zu einer Hochzeit zu gehen. Als ich sonntags wieder zurückflog hatte ich noch Karline, aus unserem Stamm, mit im Gepäck. Wir übernachteten in Kotor an derselben Stelle an der ich bereits ein paar Tage zuvor mit der Fahrtengruppe und dem Stamm Galaxias übernachtet hatte. Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Taxi, und dem Gewürzbeutel, den wir am Schlafplatz an einer Palme hängend wiedergefunden hatten, in Richtung Grahovo die Straße entlang. Dabei schauten wir rechts und links aus dem Fenster, weil wir die Hoffnung hatten Pfadfinder, und am besten welche aus unserer Fahrtengruppe, zu finden. Wir fuhren und

fuhren doch sahen niemanden. Als wir um eine Kurve bogen, tauchten vor uns die zwei zerlumptesten Gestalten auf, die ich jemals gesehen habe: Es waren Crissy und Carsten inklusive Herbert aus unserem Stamm. Geplagt von der steilen Süd-Anwanderungsroute mit leichtem Sonnenbrand. Wir ließen den Fahrer halten und freuten uns, endlich wieder dabei zu sein.
Es ist wichtig für die eigene Identität, alleine auf Fahrt zu gehen. Ob als Sippe, als Meute, als Stamm – für die jeweilige Gruppe sind eigene Fahrten definierend. Das war uns vorher klar und es war unser Ziel, diese Fahrt als Stamm zu erleben. Doch wenn man um Hilfe gebeten wird, sollte man nicht zögern und die Gelegenheit beim Schopf packen. Letztlich ist etwas Großartiges daraus entstanden, weil wir es für ebenso wichtig hielten, dass die kleinen Milane auch eine schöne Sommerfahrt haben.
Ich hoffe, wir kommen bald endlich mal zusammen zum Fahrten-Nachtreffen und starten in den zweiten Teil vom Abschlussessen. Bis bald!
Mitreden!